Schwere Vorwürfe hat der Bruder eines Intensivpflege-Patienten gegen die Geschäftsführerin und Mitarbeiter des Balinger Pflegediensts erhoben. Foto: dpa

Bruder eines Intensivpatienten spricht gegenüber Amtsgericht von "Billigkräften" und "Pfusch".

Balingen/Hechingen - Schwere Vorwürfe hat der Bruder eines Intensivpflege-Patienten gestern gegen die Geschäftsführerin und Mitarbeiter des Balinger Pflegediensts erhoben, die wegen manipulierter Rechnungen vor Gericht stehen.

"Ich hab gleich gemerkt, da stimmt was nicht", erklärte der 55-Jährige vor dem Hechinger Amtsgericht. "Das waren keine Fachkräfte. Zwei Frauen aus Rumänien waren da und verschiedene Leute, mit denen wir Probleme hatten. Die Arbeit war Pfusch." Er habe sich ausgekannt, denn er sei dabeigewesen, als sein Bruder drei Monate lang in Zwiefalten therapiert wurde. "Da hab ich gesehen, wie man das macht."

Eine Rumänin habe ihm gesagt, sein Bruder bekomme Betäubungsmittel, werde ans Bett fixiert und allein gelassen. Er selbst sei schon mal in der Früh zu seinem Bruder gekommen und habe gesehen, dass er allein war. Wiederholt sei er nachts vorbeigegangen, um nach dem Rechten zu sehen. Es sei niemand da gewesen, der sich um seinen Bruder kümmerte.

Als die Wohnanlage an die KBF verkauft worden sei, habe die Geschäftsführerin des ambulanten Pflegediensts, die davor ein paar Wohneinheiten in der Anlage gepachtet hatte und diese jetzt aufgeben musste, versucht, ihn zu überreden, seinen Bruder in ihre neue Pflegeeinrichtung nach Freudenstadt zu verlegen. Dafür, dass er bleibt, habe sie ihm Geld geboten, 5000 Euro pro Monat, und eine Hausmeistertätigkeit im Pflegeheim. 10 000 Euro habe sie ihm vorgeschossen, um ein Gewerbe anzumelden. Dafür habe er sich einen Bus gekauft. "Ich wollte das nicht, ich war schon lange nicht mehr zufrieden. Ich habe für meinen Bruder eine andere Stelle gesucht", sagte der Mann, der derzeit von Hartz IV lebt.

Nirgendwo habe man ihm geholfen – weder bei der Heimaufsicht noch bei der Pflegekasse oder beim Notariat. Falschaussagen seien gemacht worden, um ihm die Betreuungsvollmacht zu entziehen. Unter anderem sei behauptet worden, der kranke Bruder sei Millionär, und er wolle dessen Vermögen verjubeln. "Wegen dieser Person hat sich die Gesundheit meines Bruders verschlechtert", sagte er und deutete auf die Geschäftsführerin des mobilen Pflegediensts: "Ich will Gerechtigkeit!"

Ein anderer Zeuge, dessen Frau von dem Pflegedienst betreut worden war, gab – entgegen seiner Aussage bei der Polizei – an, dass jedes Mal eine qualifizierte Pflegekraft dabei gewesen sei. "Sie lügen uns an", meinte die Staatsanwältin und drohte, ein Verfahren wegen Falschaussage einzuleiten. Ob er sich vor der Verhandlung mit den Angeklagten abgesprochen habe?, bohrte sie weiter. Keineswegs, beteuerte er. Ob es bei der polizeilichen Vernehmung zwischen dem Beamten, der das Protokoll aufnahm, und dem gebürtigen Kroaten, der nur gebrochen Deutsch spricht, Verständigungsschwierigkeiten gegeben hatte, blieb letztlich offen.

Eine Zeugin, die in direkter Nachbarschaft zur besagten Pflegeeinrichtung wohnt und für den Eigentümer gearbeitet hatte, hatte nur indirekt mit den jetzt Angeklagten zu tun. Manches habe sie vom Hörensagen, anderes habe sie beobachtet, erklärte sie vor Gericht. Was sie wusste: Die jetzt angeklagte Geschäftsführerin des mobilen Pflegediensts habe alles Mögliche gemacht, um den Eigentümer, von dem sie einen Teil der Anlage gepachtet hatte, zu schädigen. So habe sie Urin auf die Pflanzen gekippt, habe die Heizungen auch dort voll aufgedreht, wo niemand wohnte, und sie habe alle Stromfresser laufen lassen. Daraufhin habe der Eigentümer Überwachungskameras eingebaut. Allerdings sei nur ein Teil der Aufzeichnungen gespeichert worden. Der Datenstick befinde sich jetzt bei der Polizei.

In höchsten Tönen lobte eine rechtliche Betreuerin vom Hilfsverein SKM Zollern die Arbeit des ins Zwielicht geratenen Pflegediensts: Sie habe mit der Geschäftsführerin Anträge gestellt und habe Leistungsnachweise unterschrieben, sagte sie. Einmal im Monat sei sie vor Ort gewesen – unangemeldet, zu unterschiedlichen Tageszeiten. Negativmeldungen habe es nie gegeben. "Ich hatte ein gutes Gefühl", beteuerte die 47-Jährige vor Gericht.

Die Verhandlung wird am Mittwoch, 10. Februar, um 15 Uhr fortgesetzt.