Gehaltvolle Tütchen: Der Angeklagte hatte Hunderte davon zubereitet und über Internet und an der Haustür vertickt. Jetzt wurde ihm vom Balinger Amtsgericht die Rechnung dafür präsentiert. Foto: Gentsch

45-jähriger Versicherungskaufmann wegen gewerbsmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln verurteilt.

Balingen - Weil er Kräutermischungen zur Raumbeduftung mit kleinen Mengen Cannabis "verbessert" und teuer weiterverkauft hat, wurde ein 45-Jähriger vom Balinger Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, die Bewährungszeit beträgt zwei Jahre.

Vor Gericht wirkt der gelernte Versicherungskaufmann aufrichtig, räumt alles ein: In der Tat habe er die Kräutermischungen mit unterschiedlichen Duftnoten gekauft – für sechs Euro pro Päckchen. Das "verbesserte" Gemisch habe er dann als "Duftpotpourri zur Raumbeduftung" an den Mann gebracht – für rund 30 Euro pro Drei-Gramm-Tütchen. Verkauft habe er über Internet, aber auch direkt an der Haustür. Bei jüngeren Käufern habe er sich den Ausweis zeigen lassen. Nicht etwa, weil ihm bewusst gewesen sei, etwas Illegales zu tun, sondern weil er grundsätzlich nur mit Volljährigen Geschäfte mache.

Die Idee sei "aus der Not geboren", versichert er. Nachdem er sich mit seinem Kollegen zerstritten habe, sei er aus dem gemeinsamen Versicherungsbüro ausgestiegen und habe versucht, in einem Balinger Stadtteil Fuß zu fassen. Das sei nicht so lukrativ gewesen, wie er anfangs gehofft hatte. Er habe ein "zweites Standbein" aufbauen wollen und habe ein Gewerbe angemeldet. "Mein kleiner Bruder hat mir einen Floh ins Ohr gesetzt." Neben Duftlampen und Bongs habe er eben diese Duftmischungen angeboten, die er mit "deutschem Nutzhanf" versetzt habe, den man ganz legal kaufen könne. "Ich kannte Hanf aus Kopfkissen, ich dachte, ich probier das aus. Mal sehen, was geschieht." Zudem bestellte er über Internet von einer Versandfirma in Panama Produkte wie "Afghan Black 3", "Amsterdam Gold" und Ähnliches. Produkte, die, wie sich bei der Untersuchung durch das LKA herausstellte, synthetische Cannabinoide enthielten.

Ihm sei nicht klar gewesen, dass er etwas Verbotenes tat. Schließlich habe er sich vor Anmeldung des Geschäfts beim Regierungspräsidium Tübingen erkundigt. Dort sei ihm gesagt worden, dass er sich in einer "Grauzone" bewege. Er lieferte zuverlässig, legte freundliche Schreiben bei, zeigte sich kundenfreundlich: Als ein Unbekannter zwei Tütchen bestellte und er nicht liefern konnte, entschuldigte er sich und überwies das Geld umgehend zurück. Als er wieder genügend "Stoff" hatte, lieferte er nach – und legte noch zwei Tütchen kostenlos drauf. Pech: Der "Kunde" war ein verdeckter Ermittler.

Am anderen Tag stand die Polizei mit einem Durchsuchungsbeschluss vor der Tür. Hunderte "Tütchen" wurden beschlagnahmt, zudem die Kundenkartei, die akribisch geführt war. "Ich bin aus allen Wolken gefallen", versichert der Angeklagte, der inzwischen im Kreis Calw wohnt und in einem Versicherungsbüro angestellt ist.

Der Staatsanwalt forderte ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung, der Verteidiger eine Geldstrafe, weil sein Mandant nicht vorsätzlich und gewerbsmäßig gehandelt habe. Die Richterin verhängte ein Jahr und drei Monate und als Bewährungsauflage die Zahlung von 1000 Euro an den Verein Huckleberry und Pippilotta in Monatsraten von 100 Euro. Vorsatz und Gewerbsmäßigkeit sah sie als erwiesen an.