Und wer zieht den Wagen, wer bringt die Kunst voran? Diese Frage stellt sich derzeit in Balingen. Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur: Diskussion im Salon "Jung!Frey"

Balingen. Das kann ja jeder, über Kunst reden. So wie über Fußball. Macht auch (fast) jeder. Das ist keine Kunst? Von wegen. Ein Gespräch darüber auf Einladung von Bernhard Frei in dessen Balinger Salon "Jung!Frey" – anlässlich der derzeit dort zu sehenden Ausstellung mit Karikaturen von Klaus Stopper – zeigt, dass Kunst eben kein Sport ist.

Die Parallele zum Sport wurde dabei mehrfach herangezogen. Nur dass Kunst eben nach keinen Regel gespielt wird, dass hier eigentlich immer erst während des Spiels ausgehandelt wird, was überhaupt auf dem Spiel stehen soll. Ein lauer Abend, etwa 15 Personen. Sie einte, dass sie die Einladung, sich mal ungezwungen über Kunst zu unterhalten, interessant fanden.

Es gibt, in Sachen Kunst, ein paar Dinge zu besprechen in Balingen, seit mit der letzten Kirchner-Schau die Idee der großen Balinger Ausstellungen wohl endgültig beerdigt worden ist. Zu geringes Interesse, und vor allem die Balinger selbst waren kaum zu interessieren für Kirchner. Was jetzt? Was stattdessen? Die Frage drängt sich auf. Und wieso überhaupt Kunst?

Leute in die Stadt ziehen. Wieso? Weil die dann einkehren und einkaufen in Balingen? Stärkung des Einzelhandels: Klar, klingt zu profan. Und außerdem: Als ob man der Kunst das überhaupt zutrauen würde. Die Einwohner glücklich machen? Zumindest einige. Schon eher. Eine Stadt ohne Kunst, wer würde sich da schon wohlfühlen?

Noch schöner natürlich, wenn man nicht nur Zuschauer wäre. Es gibt ja schließlich auch Musikschulen. Sportvereine trainieren ihren Nachwuchs. Und Kunst? Der Wunsch wird spürbar, eben nicht nur Spitzenkunst zum Anschauen zu organisieren, sondern Aktionen, die auch eine Beziehung, eine Brücke zur Basis schlagen. Die Balinger Stromkasten-Aktion lässt grüßen. Auch der Wunsch wird laut, mit Veranstaltungen den Kontakt von Zuschauern und Künstlern zu schaffen. Kunstgespräche, eigentlich eine gute Idee.

Eine schöne Idee wird an diesem Abend präsentiert: Freiluft-Bilderkästen. Innen Schaumstoff, außen Kunststoffputz. Sehen aus wie Betonblöcke, wiegen aber kaum was. Mit sowas die Stadt bestücken, Künstler dazu bringen, hier kreativ zu werden. Fragt sich halt nur, was man im Gegenzug bieten könnte. Der kleine Verein Freiraum hat dafür wohl zu wenig Power. Die Stadt in Gestalt von Oberbürgermeister und Gemeinderat scheint derzeit wenig Kunstinteresse zu zeigen.

Andererseits: Die Gartenschau. Die Chance. Aufmerksamkeit, die Währung unserer Zeit, wird es hier gratis geben. Massen werden kommen und irgendwann genug Blümlein gesehen haben. Wohin gehen sie dann? Wieso nicht zu einer basisorganiserten Kunstaktion? Müsste man mal drüber nachdenken.

Was auffällt an diesem Abend: Balingen fehlt eine zusammenhängende gesellschaftliche Struktur, die Kunst im öffentlichen und politischen Raum Gehör verschaffen könnte. Einen Kunstverein, wie etwa in Hechingen, gibt es schlicht nicht. Kaum Gemeinderäte, die diesen Bereich vertreten. Und die, die es tun, sind von der "falschen" Fraktion. Und ob die Initiative Freiraum überhaupt die Absicht hat, offizielle Kunst voranzutreiben? Die Nische hat doch auch was Produktives.

Viele Aspekte tauchen an diesem Abend auf, man hört gut zu, aber Themen wechseln trotzdem, wie es halt grad so kommt. Ergebnisse? Fehlanzeige. Tore gibt es halt nur im Fußball. Kunst produziert Gedanken, die man nicht einfach zählen und in Tabellen notieren kann. Aber die Gedanken wirken weiter, dieses Spiel wird nie abgepfiffen. Ein netter Abend geht zu Ende, und irgendwie wurde Kunst geschaffen, eine Stunde, ein Gefühl, Gedanken. Gar nicht mal so wenig.