Die Mehrheit der Hände geht nach oben: Der Balinger Gemeinderat ist für eine Kunstausstellung im nächsten Jahr. Foto: Maier

Gemeinderat will 2016 in der Stadthalle Werke von Ernst Ludwig Kirchner sehen. Nun Verhandlung mit Brücke-Museum.

Balingen - Die Reihe der großen Kunstausstellungen in der Balinger Stadthalle geht trotz zuletzt mageren Ergebnissen voraussichtlich im nächsten Jahr weiter. Dafür hat sich am Dienstagabend die Mehrheit des Gemeinderats ausgesprochen und, ehrlicherweise, schon einmal ein Zuschussbudget von 200.000 Euro bewilligt.

Für eine weitere Schau im nächsten Jahr hatten sich 22 Stadträte – CDU, Freie Wähler und die Mehrheit der SPD – ausgesprochen; zehn Gremiumsmitglieder – vor allem Grüne und FDP – stimmten dagegen.

Damit kann Noch-Stadthallengeschäftsführer Ulrich Klingler nun in die Verhandlung mit dem Brücke-Museum einsteigen. Angeboten wurde der Stadthalle von den Berlinern eine Ausstellung mit Werken von Ernst Ludwig Kirchner. Das Paket umfasst laut Klingler rund 80 Exponate – Ölgemälde, Zeichnungen sowie Aquarelle – des deutschen Expressionisten. Angedacht ist eine Schau mit dem Titel "Modelle, Akte und Kokotten"; dazu könnten möglicherweise Werke von Neo Rauch kommen.

Die Konditionen für die Ausstellung werden nun ausgehandelt, das letzte Wort ist indes nicht gesprochen: Über die Konzeption der Schau und das genaue Budget entscheidet der Gemeinderat, möglicherweise schon im Februar. Ebenfalls vielleicht schon nächsten Monat beruft das Stadtparlament den Nachfolger Klinglers. Für die Stelle, die bundesweit ausgeschrieben wurde, gibt es, wie gestern bemerkt wurde, zahlreiche interessante Kandidaten.

Dass es mit den Kunstausstellungen weitergehen sollte, dafür hatte sich Ulrich Klingler, einer der Väter des "Balinger Kunstwunders", nachdrücklich ausgesprochen. Die Stadt habe sich in den vergangenen fast 35 Jahren einen Namen gemacht mit den Schauen in der Stadthalle, mehr als 1,1 Millionen Besucher seien gekommen. Die Ausstellungen hätten während der Sommermonate zudem eine Belebung der Stadthalle und der Geschäfte und Gastrobetriebe bewirkt. Für eine Fortsetzung nach bewährter Manier sprach sich auch Oberbürgermeister Helmut Reitemann aus – er verwies zugleich darauf, dass die angeblich so mageren Zahlen – zur Heckel-Schau im Jahr 2013 kamen 21.000 Besucher – so schlecht gar nicht seien: "Andere wären glücklich, wenn so viele kommen würden." Klar müsse aber sein, so Reitemann, dass die Stadt auch in die nächste Ausstellung mit hoher Wahrscheinlichkeit Geld stecken müsse. Mit Blick auf den Imagegewinn für die Stadt sei das aber eine lohnenswerte Sache.

Ähnlich sah es Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU): Sie meinte, dass die Ausstellungen der vergangenen Jahrzehnte insgesamt ein Erfolg gewesen seien, auch diejenigen wie zuletzt Heckel, die nicht mehr den überwältigenden Besucherzuspruch erfahren hatten. Hoffmeister-Kraut regte zugleich an, künftig die Region beispielsweise über die Schulen und die VHS stärker einzubeziehen. Für eine Fortführung sprach sich klipp und klar Werner Jessen (Freie Wähler) aus: Die Kunstausstellungen in der Stadthalle gehörten fest zur "Marke Balingen", und Kirchner sei ein hervorragender Künstler.

Ein alternatives Konzept, wie von den Kritikern bemängelt, liege bislang nicht vor, also solle man, so Jessen, die guten Kontakte von Ulrich Klingler noch nutzen, ehe er in diesem Jahr in den Ruhestand gehe, und die nächste Schau vorbereiten – die Durchführung obliege dann dem neuen Stadthallenchef. Dieser könne dabei durchaus seine Akzente setzen. Zudem, so Jessen, müsse man bedenken, dass 2023 die Gartenschau in Balingen stattfinde – mit Blick darauf müsse man, gerne auch mit Kunst, den Namen Balingens überregional im Gespräch halten. Kurt Haigis (SPD) meinte, es sei die Verpflichtung der Stadt, Kunst zu bieten, und mit den Ausstellungen in der Stadthalle habe sich Balingen einen "einzigartigen Ruf" erarbeitet.

Die Nein-Sager waren oft ähnlicher, in der Konsequenz aber doch anderer Meinung: So sagte Dietmar Foth (FDP), dass auch ihm viel am Ruf der Kunststadt Balingen liege und dass er dafür auch gerne Geld in die Hand nehme – allerdings müsse man sich fragen, ob man mit den Ausstellungen nach bisherigem Muster noch auf dem richtigen Weg sei. Nicht so sehr die finanziellen Verluste der Vorjahre als vielmehr der stets rückläufige Besucherzuspruch sei für ihn ein Signal, dass es so nicht einfach weitergehen könne: "Wir müssen uns fragen, ob wir das Richtige anbieten."

Ein Manko sei sicherlich der Fokus auf die Malerei. Die Stadtverwaltung habe es versäumt, mit Blick auf die nächste Ausstellung neue Ideen und Konzepte zu erarbeiten. Conny Richter (Grüne) sagte, sie sehe mit ihrer Fraktion mit dem absehbaren Ausscheiden Klingler die Chance für eine Zäsur, für einen Neuanfang der Kunstausstellungen in Balingen gekommen. Mit dem neuen Stadthallenchef biete sich die ideale Gelegenheit, Neues entstehen zu lassen; dafür sollte man sich die Zeit nehmen, so Richter. Peter Seifert meinte zudem, dass die Kulturförderung in Balingen neu gedacht werden sollte – und zwar als Förderung junger, noch lebender Künstler: "Einer wie Kirchner muss nicht mehr gefördert werden, der ist doch schon lange tot."