Spannend und überaus interessant: Manfred Stingel stellt sein neues Buch über Bauernmöbel im Haus der Volkskunst vor. Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Manfred Stingel stellt autobiografisches Buch über altes Handwerk und Bauernmöbel vor

Schreiner – das war früher ein wichtiger Beruf in Frommern, sagt Manfred Stingel. Im Dürrwanger Haus der Volkskunst hat er nun sein neues Buch "Schränk und Schreiner – Bemalte Hochzeitsschränke von der Zollernalb" vorgestellt.

Balingen-Dürrwangen. Der heutige Balinger Stadtteil, bis zur Gemeindereform selbstständige Gemeinde, war mit 20 Möbelfabriken, in denen mehr als 2000 Menschen arbeiteten, das Zentrum der Möbelindustrie im Land, erzählt Stingel. Aber die Möbelindustrie in Frommern-Dürrwangen, mit der er praktisch aufgewachsen sei – das sei eine andere Geschichte.

In diesem Buch, das auch viele Erinnerungen und Anekdoten aus dem Leben des Autors enthält, geht es ausschließlich um handgefertigte Bauernmöbel, Einzelstücke "fürs Leben", um "das speziell gebaute Stück als Lebensbegleiter". Stingel hat sie entweder dem Eigentümer nach hartnäckigen Verhandlungen abgekauft ("Ich lasse nicht locker, ich bin Versicherungskaufmann"), oder er hat sie in einem Hinterzimmer oder auf einem Dachboden fotografieren dürfen. Manchen davon ist ein Kapitel in dem reich bebilderten Buch gewidmet.

Als "Speckschränke" auf Dachböden oder als Werkzeugschränke im Keller habe er sie schon entdeckt. Manche seien übermalt worden – wie man es im Volkshochschulkurs gelernt habe, mit bayerischen Motiven. Im schlimmsten Fall seien die historischen Stücke zu Brennholz zersägt worden, weiß Stingel. Diejenigen, die er retten konnte, stehen im Haus der Volkskunst.

Gewöhnlich seien solche Schränke zu Hochzeiten angefertigt und mit der Aussteuer der Braut auf dem Hochzeitswagen durchs Dorf gefahren worden. Jeder sollte sehen, was dem jungen Paar mitgegeben war. Bemalt und datiert hatte sie der Schreiner selbst, die Motive sind von Dorf zu Dorf unterschiedlich. Aber der "Lebensbaum", die Tulpe und der Granatapfel als Symbol der Fruchtbarkeit sind häufig zu entdecken. Was fast alle Bauernschränke kennzeichnet, ist die blaue Grundfarbe. Woher dieses Blau? Kommt es aus der Schweiz? Ist es das preußische Blau? Tatsache ist, dass die Zusammensetzung dieser Farbe heute nicht mehr bekannt ist.

Aber nicht allein um Schränke geht es in dem Buch. Es geht auch ums Handwerk, um die Familien der Dorfschreiner aus der Umgebung, um Bräuche. Es geht um die Handwerker, die für das Haus der Volkskunst ein historisches Himmelbett nachgebaut und bemalt haben – speziell für die Liebespärchen, die dort, wie Stingel augenzwinkernd bemerkt, ab und zu übernachten. Ein Kapitel ist der Geschichte der Balinger "Loable" gewidmet, ein anderes den Jubiläumsveranstaltungen 2009 unter dem Titel "Balingen brennt". Damals jährte sich der Balinger Stadtbrand zum 200. Mal, und die Volkstanzgruppe Frommern stellte altes Handwerk dar.

Mehrere bemalte Bauernschränke hatte die Volkstanzgruppe als Bühnenbild zur Verfügung gestellt. Jana und Lilli von den "Kleinen Musikanten" der Volkstänzer flöteten zum Auftakt der Buchvorstellung "Ist ein Mann in den Brunnen gefallen".

das buch: Manfred Stingel: "Schränk und Schreiner", Verlag des Schwäbischen Albvereins 2016, 95 Seiten, 23 Euro; das Buch kann im Haus der Volkskunst, Telefon 07433/43 53, bestellt werden. Ein gleichnamiger Film von Fabian Rosenberg wird demnächst bei Youtube zu sehen sein.