An einem Infostand vor der Balinger Stadtkirche haben Mitglieder der Identitären Bewegung am Samstag Broschüren verteilt und mit mit Passanten diskutiert. Foto: Identitäre

Infostand aufgebaut. "Islamisierung – nicht mit uns". Zwischen Flashmob und Verfassungsschutz.

Zollernalbkreis - Vor zwei Jahren bezeichnete sie das Magazin "stern" als "Spaßguerilla", der Deutschlandfunk nannte sie "rechte Hipster". Seit August diesen Jahres werden sie vom Verfassungsschutz beobachtet: die Identitäre Bewegung, die jetzt zum ersten Mal im Zollernalbkreis öffentlich auftrat.

An einem Infostand direkt vor der evangelischen Stadtkirche in Balingen haben einige ihrer vorwiegend jugendlichen Mitglieder am Samstagmittag Flyer und Broschüren verteilt und mit Passanten diskutiert. Die Gruppe Zollernalb innerhalb der Identitären Bewegung Schwaben habe sich vor rund sechs Monaten gegründet, ließen sie unsere Zeitung in einerMitteilung wissen. Es sei eine Jugendbewegung, die sich "für den Erhalt unserer ethnischen und kulturellen Identität einsetzt", heißt es da – und sie wolle künftig mit "Infoständen und kleineren Aktionen regelmäßig Basisaktivismus" betreiben.

Derlei Basisaktivismus kann dann schon mal ein Flashmob sein, bei dem eine Gruppe Maskierter mit Ghettoblaster und Technomusik die Eröffnung der "Interkulturellen Wochen" stört, so wie in der Frankfurter Bibliothek vor einigen Jahren. Im September war es eine Live-Übertragung des Senders Radio Berlin Brandenburg aus dem Gorki-Theater, wo der Verleger und Publizist Jakob Augstein mit Margot Käßmann über Glauben, Reformation und aktuelle tagespolitische Themen diskutieren wollte und von zehn bis 15 Jugendlichen der Identitären Bewegung mit Sprechchören minutenlang niedergebrüllt wurde.

Erst vor einigen Tagen besetzten Identitäre die Balkone der Geschäftsstelle der Grünen in Berlin. Sie befestigten ein Banner, auf dem "„Ihr habt unsere Frauen längst vergessen" zu lesen war, und sie erinnerten mit Sprechchören an die Silvesternacht in Köln. Der "vorgebliche Einsatz für Frauenrechte" der Grünen lasse sich "mit den Folgen von Multikulti und der Masseneinwanderung nicht vereinen".

Im Internetshop der Identitären Bewegung gibt es Aufkleber mit der Aufschrift "Wehr Dich – es ist Dein Land" oder "Islamisierung – nicht mit uns". Die Facebookseite steht unter dem Banner "Heimat-Freiheit-Tradition".

Das Albbündnis für Menschenrechte nennt derlei "Eintreten für den Erhalt ethnischer und kultureller Identität" schlicht "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit".

Kreisjugendpfleger Alexander Schülzle sagt: "Wir sind da dran." Im Jugendamt des Kreises habe man die Gründung einer Ortsgruppe dr Identitären im Landkreis mitbekommen und überlege sich nun, wie man die Öffentlichkeit, vor allem Jugendliche, am besten aufkläre.

Der 23-Jährige Student der Politikwissenschaften Daniel Fiß ist Sprecher der Identitären Bewegung auf Bundesebene, will einen Kontakt im Zollernalbkreis aber nicht benennen, sondern räumt ein, man sei mit der Ortsgruppe Zollernalb noch "in der experimentellen Phase". In "Schwaben" gebe es etwa rund 40 bis 50 Mitglieder. Dass der Verfassungsschutz die Jugendbewegung beobachtet, hält er für "unverständlich". Die Behörde habe dafür noch keine Begründung geliefert, die stichhaltig wäre.