Die Gründe für die Wohnungslosigkeit der Menschen, die Im Jakobushaus Unterstützung suchen, sind "vielschichtig". Foto: Werthenbach Foto: Schwarzwälder-Bote

Einrichtung hilft Wohnungslosen, auf eigenen Beinen zu stehen. Seit Monaten stark ausgelastet.

Balingen - Wer sich an das Jakobushaus in Balingen wendet, weiß nicht mehr weiter – hier bekommen Wohnungslose nicht nur einen Schlafplatz, sondern auch Hilfe auf dem Weg zurück in ein Leben auf eigenen Beinen.

Die meisten Menschen genießen es an den kalten Tagen der Weihnachtszeit besonders, es sich beim Duft von frischem Gebäck und mit heißen Getränken in den mollig warmen, eigenen vier Wänden gemütlich zu machen. Dass aber auch in Deutschland und ebenso im Zollernalbkreis viele Menschen kein warmes Zuhause haben und schlicht nicht wissen, wo sie die nächste Nacht verbringen sollen, wird oft vergessen.

"Für Notfälle haben wir immer noch etwas da"

Für diese Menschen bietet zum Beispiel das Jakobushaus in Balingen Zuflucht. 28 Schlafplätze gibt es hier, davon acht sogenannte "Notübernachtungen" und zehn Angebote für betreutes Wohnen. "Die Auslastung liegt seit Monaten meistens bei 100 Prozent", wie Stefanie Balbach, die Leiterin der Caritas-Einrichtung, berichtet. "Für Notfälle haben wir aber immer noch etwas da", ergänzt sie. Auch wenn die Auslastung konstant hoch sei, allein wegen Platzmangel hätten sie und ihre Kollegen noch nie jemandem den Eintritt verwehren müssen. Im Extremfall gäbe es beispielsweise noch ein Klappbett, das man aufstellen könne, sagt Balbach. "Dabei legen wir immer Wert darauf, dass Frauen ihre Privatsphäre haben." Die Vergangenheit hätte gezeigt, dass extra für Frauen ausgewiesene Schlafpätze notwendig seien.

Die Frage aber, warum Menschen in einem Land obdachlos werden, das jedem Bürger per Gesetz ein Existenzminimum zusichert, kann auch der dienstälteste Sozialarbeiter im Jakobushaus, Valentin Steinhart, nicht so einfach beantworten. "Die Gründe sind vielschichtig, und jeder Bewohner steht für ein individuelles Schicksal", sagt er.

Er spricht von einem "Wandel", den es im Milieu der Wohnungslosen in den vergangen 25 Jahren gegeben habe: Früher seien die klassischen "Penner", oftmals ehemalige Söldner und Aussiedler, schnell in die Großstädte abgewandert. Seit rund 15 Jahren nehme der Anteil an einheimischen Wohnungslosen im Jakobushaus zu. Inzwischen handele es sich unter anderem um psychisch kranke Menschen, die zum Zeitpunkt ihrer Entlassung aus stationärer Behandlung keinen Wohnsitz hätten. Oft würden Mieter auch ohne Räumungsklage – und damit ohne rechtliche Grundlage – vor die Tür gesetzt. Wenn dies dann Menschen beträfe, die ohnehin Schwierigkeiten mit der Bewältigung einfachster Alltagsprobleme hätten, seien die oft ein Fall für das Jakobushaus, erklärt Balbach.

Außerdem sei der Anteil junger Leute ohne Wohnsitz in den vergangenen Jahren angestiegen. "Junge Menschen werden oft wohnungslos, nachdem sie von ihren Eltern rausgeworfen wurden oder es für sie selbst nicht mehr auszuhalten war", erklärt Steinhart. Diese hätten häufig keine Ausbildung, und irgendwann sei ein Punkt erreicht, an dem die Eltern aus verschiedenen Gründen ihr Kind nicht mehr bis ins Erwachsenenalter hinein versorgen könnten.

Manche Wohnungslose sind "behördenscheu"

Für solche und alle anderen Fälle der Wohnungslosigkeit bietet das Jakobushaus eine Chance, wieder Fuß zu fassen. "Der erste Schritt nach der Aufnahme eines neuen Bewohners ist meist der Antrag auf Arbeitlosengeld II", erklärt Balbach. Grundvoraussetzung für den Erhalt der Sozialhilfe ist eine gültige Postanschrift. Hierfür können seine Bewohner die Adresse des Jakobushauses angeben. Viele Wohnungslose würden schon an dieser Hürde scheitern, manchmal seien sie "behördenscheu", wie Balbach sagt. Das liege häufig auch an der hohen Hemmschwelle, die die Betroffenen hätten.

"Wohnungslosenhilfe ist die niederschwelligste Form der Hilfe. Wenn man bei uns ankommt, geht es nicht weiter runter", sagt Balbach. Dennoch gäbe es Menschen, die lieber auf der Straße schliefen, als sich bei einer Einrichtung wie dem Jakobushaus zu melden.

Doch wer diesen ersten Schritt macht, für den tun Balbach und ihre Kollegen alles, um ihm ein Leben auf eigenen Beinen zu ermöglichen – dies beginnt bei der Nahrungsversorgung und reicht bis zur Unterstützung bei Behördengängen.