"Geschlossene Gesellschaft": Dieses Schild war neulich im Brauhaus Zollernalb in Ebingen angebracht. Von der Nominierungsversammlung der AfD-Kreisverbände Zollernalb und Sigmaringen wurden Medien ausgeschlossen. In den Balinger Hallen müssen Medienvertreter bei politischen Veranstaltungen künftig zugelassen werden. Die Benutzerordnung wird neu gefasst. Foto: Maier

Benutzungsordnung für Hallen: bei politischen Veranstaltungen müssen Medien zugelassen sein.

Balingen - Ein Wörtchen sowie ein Satz mit Folgen: Parteien, die in Balinger Turn- und Sporthallen politische Veranstaltungen abhalten wollen, müssen dazu künftig die Medien zulassen. Die AfD wird nicht explizit genannt, allerdings ist ihr Gebaren Anlass für die Neufassung der Benutzungsordnung.

Der Ergänzung des Paragrafen 1 ("Zweckbestimmung, Allgemeines") der Benutzungsordnung für die städtischen Turn- und Festhallen hat der Gemeinderat am Dienstagabend unisono zugestimmt. Damit ist klargestellt, dass die Hallen nicht nur dem schulischen, sportlichen, kulturellen und gesellschaftlichen, sondern ausdrücklich nun auch dem politischen Leben der Stadt dienen und zu diesen Zwecken auf Antrag überlassen werden können. Der entscheidende neue Satz: "Bei politischen Veranstaltungen muss die Teilnahme von Vertretern der Medienberichterstattung (Fernsehen, Radio, Presse, Internet) gestattet sein."

Die Neufassung soll zum 1. September – und damit mitten in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs – in Kraft treten. Für diese Wochen lägen bereits Anfragen mehrerer Parteien – auch der AfD – zur Nutzung städtischer Hallen vor, sagte Harry Jenter, Leiter des Amts für Familie, Bildung und Vereine, unserer Zeitung. Jenter, qua Amt Chef aller Hallen in Balingen und den Ortsteilen, legt Wert auf die Feststellung, dass die Benutzerordnung gleichermaßen für alle gilt. Oberbürgermeister Helmut Reitemann sagte im Gemeinderat, dass man für die Partei- und Wahlkampfveranstaltungen im herbst "klare Regelungen" habe treffen wollen. Alexander Maute (SPD) meinte, es sei "beschämend und doch dringend nötig", dass man sich mit solchen Fragen beschäftigen müsse. Der Gemeinderat solle ein "starkes und deutliches Signal für die Pressefreiheit vor Ort geben".

Balingen folgt damit dem Beispiel anderer Städte in Baden-Württemberg: Nach Gerlingen im Mai dieses Jahres haben in der Folge immer weitere Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg ihre Benutzungsordnungen um exakt dieselbe Formulierung ergänzt; Beratungshilfe leistete dabei der baden-württembergische Städtetag. Wichtig ist bei der Wortwahl, dass es sich um eine neutrale Formulierung handelt. Bestimmte Nutzergruppen kann man nicht ausschließen, wohl aber Nutzungen regeln. Andere Städte, etwa Pliezhausen, gehen noch einen Schritt weiter: Dort wurden Hallen und Säle für politische Veranstaltungen ganz gesperrt.

Das Signal der neuen Benutzungsordnungen, nicht nur in Balingen: Politische Veranstaltungen in städtischen Hallen sollen für die Öffentlichkeit zugänglich sein – dies dadurch, dass Medien uneingeschränkt zugelassen werden müssen und darüber berichten können.

Stadthalle ist von Neuregelung noch nicht umfasst – das soll sich aber bald ändern

Eigentlich, sollte man meinen, ist dies eine Selbstverständlichkeit; allerdings haben Medienvertreter in jüngster Zeit mit der AfD ganz andere Erfahrungen gemacht: Bei mehreren Parteitagen – etwa in Nürtingen und Kehl –, die in öffentlichen Hallen stattfanden, war "die Presse" nicht erwünscht und wurde ausgeschlossen. Rechtlich ist das durchaus möglich; mit Blick auf die demokratische Kultur allerdings sehr fragwürdig. Die Neufassung der Benutzungsordnungen in den Städten und Gemeinden kann man somit als "Lex AfD" bezeichnen.

Übrigens: Zunächst nicht umfasst von der neuen Regelung in Balingen ist ausgerechnet der Ort, der für große, auch politische Veranstaltungen prädestiniert ist: die Stadthalle. Für diese gilt eine eigene Benutzungsordnung. Stadthallen-Chef Matthias Klein kündigte indes im Gespräch mit unserer Zeitung an, dem Gemeinderat nach der Sommerpause eine "analoge Regelung" zur Entscheidung vorlegen zu wollen: Auch dort sollen bei politischen Veranstaltungen Medienvertreter künftig zugelassen werden müssen.

Ebenfalls – selbstverständlich – nicht umfasst von der neuen Regelung sind Gasthäuser, wo ebenfalls häufiger politische Veranstaltungen stattfinden. Dort entscheidet der Hausherr, wen er in seinen Räumen tagen lassen will – und wiederum der Veranstalter, wen er zulässt. So wie neulich in Ebingen im Brauhaus Zollernalb, als die AfD bei der Nominierung des Bundetstagskandidaten die Presse vor die Tür schickte. Zumindest in den Balinger Hallen wäre das aber künftig nicht mehr möglich.