Bernd Hempel würde gerne als Kandidat bei der Oberbürgermeisterwahl in Balingen ins Rennen gehen – nach derzeitigem Stand aber darf er gar nicht antreten. Mit 65 Jahren hat er die Altersgrenze überschritten. Foto: Maier

65-Jähriger strebt Bewerbung für Wahl in Balingen an – steht dabei aber vor Hürden. Mit Kommentar.

Balingen - "Balingen geht voran" – unter dieses Motto stellt Bernd Hempel sein Programm für die Oberbürgermeisterwahl in Balingen. Hempel möchte kandidieren, aber genau das ist ist für ihn derzeit unmöglich. Er weiß das genau – und will es trotzdem wissen.

Zwei Hürden muss der gebürtige Hannoveraner, der seit 27 Jahren in Weilstetten lebt, als Lehrer arbeitet und die lokale Politik mit enormem Interesse verfolgt, vor einer Kandidatur nehmen. Die erste ist vergleichsweise niedrig angesetzt: 50 Unterstützerstimmen. Diese werde er in den nächsten Tagen bis zum Bewerbungsschluss am Montag, 9. Februar, zusammenbekommen, ist Hempel sicher.

Die zweite Hürde ist ganz anderer Natur: Laut Gesetz ist Hempel als Oberbürgermeister nicht wählbar. Er ist zu alt. Am vergangenen Samstag wurde er 65, die baden-württembergische Gemeindeordnung sagt in Paragraf 46 eindeutig, dass Oberbürgermeister-Bewerber das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben dürfen.

Das erkennt auch Bernd Hempel an, sich fügen will er aber nicht. Er rechnet mit einer Ablehnung seiner Bewerbung durch den Wahlausschuss, der am 9. Februar tagt. Mit einem auf Verwaltungsrecht spezialisierten Anwalt aus Stuttgart prüft er derzeit schon, wie er gegen diese Entscheidung vorgehen könnte. Laut Hempel wäre das ein Musterfall, bisher sei in Baden-Württenberg kein Bewerber gegen die Altersgrenze vorgegangen.

Es müsse eine Möglichkeit gefunden werden, so Hempel, um dieses Gesetz auszuhebeln – auch deshalb, weil es laut Ankündigung von Winfried Kretschmann ohnehin geändert werden soll: Der baden-württembergische Ministerpräsident will die Altersgrenze auf 67 Jahre anheben lassen. Ob ein Bürgermeisterkandidat zu alt sei oder nicht, solle man dem Wähler überlassen, so der Grünen-Politiker. Hempel, auf lokaler Ebene den Grünen mittlerweile eher nicht so zugetan, ist da ganz bei ihm. Allerdings dürfte das Verwaltungsgericht Sigmaringen, wo der Einspruch Hempels im sicheren Fall der Ablehnung durch den Wahlausschuss landen würde, wohl eher auf Grundlage der jetzigen statt möglicher künftiger Gesetze entscheiden.

Schulden der Stadt sollen abgebaut werden

Seinen Weg zur OB-Wahl geht Bernd Hempel derweil unbeirrt weiter, Unterstützer und potentielle Wähler will er mit seinem Programm überzeugen, in dem sich durchaus interessante, aber auch ausgefallene Ansätze und Überlegungen finden. So will er insbesondere die Schulden der Stadt abbauen und dies auch dadurch befördern, dass mittels einer Schuldenuhr am Rathauseingang jedermann immer auf dem aktuellen Stand ist. Die Wirtschaft will Hempel fördern, auch indem Balingen zum Vorreiter in Sachen Bildung wird: Seiner Meinung nach sollte an den Schulen der Stadt das in Nordeuopa so vorbildliche Schulsystem eingeführt werden.

Statt Großunternehmen will er im Einzelhandel kleine lokale Geschäfte unterstützen – Zitat: "Die Ansiedlung von ›Osiander‹ wäre unter meiner Leitung nicht zustande gekommen." Auf dem brachliegenden Strasser-Areal könnte, so Hempel, ein Bürgercenter gebaut werden, in dem neben dem Großteil der Stadtverwaltung "Kommunikationsmöglichkeiten für alle" und Gastronomie auch ein Kindergarten untergebracht werden könnte. Das Nahverkehrskonzept der Stadt müsse ebenso neu gedacht werden wie die Energieversorgung. Hempel will sich zudem für mehr Bürgermitsprache und mehr soziale Gerechtigkeit stark machen; für letzteres würde er einen Sozialfonds gründen, aus dem mithilfe freiwilliger Spenden bedürftige Balinger unterstützt werden – einen Teil seines OB-Gehalts würde er automatisch in diesen Topf fließen lassen.

Unabhängig davon, ob er zur Wahl zugelassen wird, schätzt Hempel seine Chancen als durchaus gut ein. Er sei ein Macher-Typ. Anders als Amtsinhaber Helmut Reitemann, der nur verwalten wolle, wolle er für für die Stadt wirklich etwas bewegen: "Mir geht es um Balingen, nicht nur um einen Job", so Hempel. Werben will Hempel vor allem um Stimmen der jüngeren Generation, auch deshalb, weil diese stärker in die Politik eingebunden werden müsse, schließlich gestalte die Politik von heute die zukunft. Zumindest einen Achtungserfolg wolle er erreichen, so Hempel, vielleicht aber auch mehr: "Ich trete an, um zu gewinnen."

Kommentar: Ego-Trip?

Steffen Maier

Man darf es gerne wissen wollen, allerdings sollte man auch wissen, wann es genug ist. Bernd Hempel sagt, er wolle als Oberbürgermeister die Stadt mit seinen Ideen voranbringen. Das ist ehrbar. Es einsehen, dass er laut Gesetz gar nicht als Kandidat zugelassen werden kann, will er noch nicht. Ein Einspruch gegen die absehbare Entscheidung des Wahlausschusses könnte, ganz anders als Hempel das will, Balingen nicht weiterhelfen, sondern sogar schaden: Im äußersten Fall könnte das die Wahl verzögern und damit das politische Leben der Stadt lähmen. Da kann man nur darauf hoffen, dass, wenn Hempel wirklich gegen die Ablehnung seiner Bewerbung vorgeht, das Verwaltungsgericht zügig entscheidet. Hempel muss sich fragen lassen, ob seine Kandidatur wirklich ernst gemeint oder nur der Ego-Trip eines Mannes ist, der gerne auch einmal mitmischen möchte.