Stimmgewaltig und ganz und gar nicht angestaubt: Dass Chormusik auch modern sein kann, bewiesen der Kirchenchor aus Hausen am Tann und die Camerata Carolina aus Heidelberg. Foto: Thiercy Foto: Schwarzwälder-Bote

Konzert reißt Zuhörer in der Stadtkirche mit

Von Silke Thiercy

Balingen. Das war die perfekte Kulisse für das Gemeinschaftskonzert der Camerata Carolina und des Kirchenchors Hausen am Tann: Am Sonntag rissen die Sänger das Publikum in der fast voll besetzten Balinger Stadtkirche buchstäblich von den Bänken.

Minutenlanger Beifall zeigte, dass die ganz und gar moderne Chormusik bestens ankam. Denn alles andere als angestaubt war der Konzertabend der beiden Chöre. Der Heidelberger Kammerchor unter der Leitung von Professor Franz Wassermann war aus St. Gallen nach Balingen gereist.

Er hatte zuvor beim Bodenseemusikfestival gesungen und den dortigen Wettbewerbsbeitrag im Gepäck: die Messe in D-Dur von Antonin Dvorak. Begleitet vom Neuseeländer Organisten Paul Tarling füllten die gut 40 Sänger des internationalen Studienzentrums der Uni Heidelberg das Gotteshaus mit gewaltiger Musik und kraftvollen Stimmen. Glänzend gespielt und interpretiert war die schwierige Partitur des tschechischen Komponisten.

Der Chor stand während seines Auftritts auf der Empore – perfekt gewählt, kennt man Dvorak doch sonst eher aus dem Konzertsaal. Doch von oben aus sorgte das gesungene Gotteslob durchaus auch für Gänsehautmomente bei den Zuhörern.

Es sollte ein Spaziergang werden durch die Chormusik des 19. bis 21. Jahrhunderts. Die Hausener, die sich qualitativ keineswegs hinter den vielfach preisgekrönten Heidelbergern verstecken mussten, brachten Stücke junger Komponisten zu Gehör, wie zum Beispiel des 1967 geborenen Mathias Ankenbrand aus Rottenburg. Oder Lieder von Karl Jenkins, der sonst auch mit Popbands tourt. Moderne Stücke mit einem Hauch Jazz, einer Prise Blues – quasi die (R)Evolution des choralen Gesangs und der Beweis, dass Kirchenmusik nicht angestaubt sein muss, jedenfalls nicht bei diesem ebenfalls mehrfach preisgekrönten Chor unter der Leitung von Chordirektor Winfried Neher.

Minutenlange Standing Ovations gab es nach dem gemeinsamen Auftritt der beiden Chöre am Ende des Konzerts: "God Shall Wipe Away All Tears" von Karl Jenkins aus der Friedensmesse. Und dann noch eine Zugabe. Mit dem "Nachtlied" von Max Reger entließen die mehr als 60 Sänger ihre Fans in den sonnigen Sonntagabend.

Kennengelernt haben sich die Heidelberger und die Hausener übrigens 2012 beim "Chorduell" in Donaueschingen. Daraus wurde eine Partnerschaft: Das erste gemeinsame Konzert fand 2013 in Hausen am Tann statt. Und in der Balinger Stadtkirche gab es nun die Fortsetzung, ehe die Hausener im Oktober zu Besuch in Heidelberg bei der Camerata Carolina sind.