Heftiger Streit wegen der Figur führt zwei Frauen vor Gericht / Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung

Von Larissa Schütz

Balingen-Streichen. "Du bist zu dick", ist eine Aussage, die üblicherweise Männern zum Verhängnis wird. Im Fall einer schweren Körperverletzung, die das Balinger Amtsgericht verhandelte, waren es jedoch zwei Frauen, die sich über dieses Thema in die Haare bekamenm – und zwar so heftig, bis Blut floss. Die Angeklagte wurde zu 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit und zehn Monaten Haft verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Die beiden Freundinnen waren im August 2011 anlässlich eines muslimischen Feiertags zu Besuch bei der Schwester des Opfers, wo es nach Streitigkeiten über Figur und Alter zu Handgreiflichkeiten kam, in deren Folge Gläser flogen und schmerzhafte Verletzungen entstanden. Insoweit stimmten die Schilderungen des Tathergangs überein, ansonsten gingen sie meilenweit auseinander.

Die 43-jährige Angeklagte, Industriekauffrau aus Darmstadt, behauptete, vor dem Treffen mit der Freundin mitbekommen zu haben, deren Tochter sei schwanger. Darauf angesprochen, sei das Opfer ausgerastet und habe schon während der gemeinsamen Autofahrt zur Schwester nach Streichen nur gestritten und gebrüllt – eine Erklärung, warum sie da nicht ausgestiegen sei, sondern trotzdem feiern wollte, blieb die Angeklagte dem Gericht schuldig.

Nach der Ankunft habe das Thema weiterhin für schlechte Stimmung gesorgt, so die Angeklagte. Irgendwann hätten sie sich dann darüber "unterhalten", dass sie alt würden und wer von beiden dicker sei. "Dann hat sie mich beleidigt, sprang auf die Couch und schlug mich."

Sie selbst habe versucht, die Freundin zu beruhigen und sich dann nur gewehrt, auch zwei Gläser habe das Opfer zuerst geworfen, erst dann sie selber. Dazu habe die Gegnerin noch ein Glas am Tisch zerschlagen und ihr damit Gesicht und Dekolleté zerkratzt, irgendwann sei die Schwester dazwischengegangen. Am nächsten Tag erstattete die Angeklagte bei der Polizei Anzeige – was kurz darauf auch das Opfer tat.

Auch einige andere Dinge warf sie der ehemaligen Freundin vor: "Sie können sich nicht vorstellen, was die Illegales treibt – versteckt Flüchtlinge, heiratet Männer gegen Geld und viel mehr", eröffnete sie der Richterin.

Bei der 44-jährigen Altenpflegerin stellte sich die Geschichte indes etwas anders dar: die vermeintliche Schwangerschaft ihrer Tochter sei nie ein Streitthema gewesen, erst im Haus ihrer Schwester habe die Angeklagte bei der Diskussion ums Aussehen einen Wutanfall bekommen und sie geschlagen.

Nein, Gläser habe sie keine geworfen, nur die Angeklagte. Sogar nach der schweren Glaskaraffe habe die gegriffen, bevor ihre Schwester dazwischenging. "Ich wusste immer, dass sie aggressiv ist", meinte das Opfer, dessen Riss- und Schnittwunden im Krankenhaus genäht werden mussten. "Sie konnte immer mit Worten wehtun, aber ich hätte nie gedacht, dass sie es auch mit Gewalt tut." Die Schwester des Opfers bestätigte dessen Aussage: "Als sie die Glaskanne packte, schrie ich ›Willst du sie umbringen?‹ und sie sagte ›Ja, ich bring sie um‹", erinnerte sie sich.

Sowohl Nebenklage und Staatsanwaltschaft als auch die Richterin rechneten der Angeklagten erschwerend an, sich offenbar selbst Verletzungen beigebracht zu haben, da diese eindeutig nicht so entstanden sein konnten, wie die Angeklagte vorgab. Auf diese Weise zu versuchen, der Polizei ihre falsche Aussage glaubhaft zu machen, zeige "unfassbare Dreistigkeit und viel kriminelle Energie".

Die Richterin zeigte sich neben abweichenden Begebenheiten in den polizeilichen und gerichtlichen Aussagen der Angeklagte auch von einem anderen Punkt nicht überzeugt: "Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie ruhig geblieben sein wollen, als ihre Freundin Sie schlug", zweifelte sie. "Ich kenne Sie aus vielen Verhandlungen, und wenn Ihnen eins fernliegt, dann Ruhe."