Barfuß durch Balingen und die Welt

Balingen. Verwunderte, überraschte, manchmal auch blöde und mitunter fast schon böse Blicke und garstige Kommentare, die ist Karola Warsinsky mittlerweile gewöhnt. Manche machen auch Witze. Ihr jüngerer Sohn findet’s peinlich, der ältere tut’s ihr nach. Seit Anfang des Jahres läuft die Balingerin barfuß, nur noch auf eigenen Sohlen durch die Welt. "Ich kann das jedem nur empfehlen", sagt die 45-Jährige.

Der Tag, an dem sie die Schuhe in die Ecke stellte, war, sie erinnert sich genau, der 15. Januar. Mitten im Winter, man könnte denken, dass das kein guter Zeitpunkt ist dafür, plötzlich mit nackten Füßen unterwegs zu sein. Für Karola Warsinsky gab’s keinen besseren Moment.

Mit dem Barfußlaufen fing sie langsam an. Sie trainierte ihre Füße. Die morgendliche Runde mit dem Hund im Gebiet Auf Hangen, das war eine prima Übungsstrecke. Zu Beginn trug sie zwischendurch noch sogenannte Minimalschuhe, die sie sich selber häckelte und mit einer Latexschicht versah. Geholfen hat in diesem Winter, dass kein richtiger Winter war. Seit Anfang April ist Warsinsky nur noch barfuß unterwegs.

Ist das nicht kalt? Tut das nicht weh? Solchen Fragen begegnet Karola Warsinsky mit Argumenten. Klar, morgens sei es kühl an den Füßen, wenn man barfuß unterwegs sei – aber gerade das bringe den Kreislauf in Schwung. Frühmorgens über eine nasse Wiese zu laufen sei wie eine Kneippkur. Und die Schmerzen, nun, daran gewöhne man sich. Richtig fies sei Schotter und Streukies, "der bohrt sich in die Sohle". Angenehm für die Fußsohlen sei dagegen beispielsweise der Belag in der Balinger Fußgängerzone, auch Kopfsteinpflaster gehe gut. Und Autofahren ohne Schuhe funktioniere ebenso prima.

Warum sie überhaupt barfuß unterwegs ist? Weil es, wie Karola Warsinsky sagt, einfach toll sei, weil es ihr mittlerweile ein Gefühl der Freiheit gebe – und weil es, wie sie an sich selbst bemerkt haben will, auch gut für die Gesundheit ist. Sie fühle sich deutlich besser, seitdem sie keine Schuhe mehr trage. In diesem Jahr habe sie, anders als zuvor, noch keine Erkältung, keinen Husten und auch keinen Schnupfen gehabt.

Dass das Barfußlaufen ihr (und wahrscheinlich nicht nur ihr) gut tut, hat ihr auch ein Heidelberger Orthopäde bescheinigt, der sie im Auftrag des SWR-Wissenschaftsmagazins "Odysso" untersucht hat: Demnach sind Karola Warsinskys Füße perfekt, richtig kräftig. Ihre früheren Hüftbeschwerden sind auch weg. Dazu beigetragen habe sicher das "natürliche Laufen" ohne Schuhe, so der Orthopäde.

Barfußlaufen also, und alles wird gut? Ganz so einfach sei es sicher nicht, sagt Karola Warsinsky. Jeder müsse den für ihn passenden Weg finden. Am besten sei, es einfach einmal auszuprobieren, anfangs zehn Minuten am Tag – und wichtig: nicht übertreiben. Wie Leute, deren Hände nicht an harte Arbeit gewöhnt seien, so müssten auch Füße, die üblicherweise von Socken und Schuhen umschlossen seien, langsam an die neue Belastung herangeführt werden. Der natürliche Gang ohne Schuhe erfordere Übung – und er bedeute auch Strapazen. Karola Warsinsky hatte zu Beginn erst einmal eine Woche lang Muskelkater an den Füßen. Dann lief’s.

Ebenfalls nicht abschrecken lassen sollte man sich, so Warsinsky, von blöden Kommentaren der Zeitgenossen. Viele hätten offenbar ein Problem mit nackten Füßen, manche fragen sie auch, ob sie etwa kein Geld für Schuhe habe. Denen entgegne sie dann, dass es für sie persönlich der pure Luxus sei, barfuß unterwegs zu sein.

Zu Beginn war das Barfußlaufen für Karola Warsinsky ein "Projekt", sie wollte es einfach ausprobieren. Mittlerweile ist sie mit Leuten in Kontakt, die seit Jahrzehnten ohne Schuhe unterwegs sind. Sie selbst hat nun mehrere Monate hinter sich. Und sie sagt: "Ich habe nicht vor, noch einmal Schuhe anzuziehen."

Weitere Informationen: Die Barfußläuferin Karola Warsinsky ist auch Thema in der SWR-Sendung "Odysso", die am Donnerstag, 23. Oktober, um 22 Uhr ausgestrahlt wird. Insbesondere geht es dabei um die Frage, ob Barfußlaufen gesund ist.