Das Unterdorf soll "Unserdorf" werden. Foto: Braun

Gemeinderat ringt sich trotz hoher Summen zu diskursiven Planverfahren durch. Rund 200.000 Euro fallen an.

Baiersbronn - Das Unterdorf muss und soll saniert werden, darüber ist man sich einig. Doch die hohen Kosten für das nun gewählte diskursive Planungsverfahren sorgten in der jüngsten Gemeinderatssitzung im Kurhaus in Röt für kritische Worte der Räte.

Rund 200. 000 Euro fallen für das umfangreiche Planverfahren an, das sich in verschiedene Auswahl- und Arbeitsphasen unterteilt. "Die Kosten stellen keine Peanuts dar, doch wir können mit rund 60 Prozent an Zuschüssen aus dem Landessanierungsprogramm rechnen", teilte Bürgermeister Michael Ruf mit. Deutlich sei der Wunsch gewesen, in enger Abstimmung mit den Bürgern die Unterdorfsanierung zu planen und zu realisieren, daher habe man sich für dieses offene Verfahren entschieden.

"Wir haben festgestellt, dass es bei der Sanierung fast wie bei einem Kartenhaus ist, rüttelt man an der einen Stelle, fällt alles andere zusammen", so Ruf, der sich für eine gute Planung aussprach. "Ich bin der Meinung, dass es das Unterdorf wert ist, so ein Verfahren anzuwenden. Die Zeit für Fehlentscheidungen im Unterdorf ist vorbei", betonte Ruf. Kerstin Gothe vom Karlsruher Institut für Technologie stellte das Verfahren und dessen Ablauf vor.

"Es ist ihre Chance für einen Befreiungsschlag, und es ist bemerkenswert, wie Sie hier an die Sache herangehen", sagte Gothe. Es gehe darum, Dinge zusammenzutragen und nach Lösungen zu suchen. Drei Büros würden mit der Bearbeitung beauftragt, die sich während des Prozesses regelmäßig mit dem Begleitgremium und den Bürgern austauschen. "Es soll ein identitätsstiftendes, charakteristisches Gesicht für das Unterdorf entwickelt werden, das die regionale Baukultur berücksichtigt und einen Rahmen für die anstehenden Investitionen im Unterdorf bietet." Am Ende sollte klar sein, wo das Herz des Unterdorfs schlägt, so Kerstin Gothe.

Bezirksbeiratsvorsitzender Ingo Christein sprach von einer guten Sache, rief jedoch dazu auf zu prüfen, ob nicht Kosten eingespart werden können. Gemeinderat Michael Ruoss (CDU) forderte eine bessere Einbindung des Gemeinderats, insbesondere sah er mangelnde Transparenz bei den Kosten. "Ich bin dafür, dass nicht nur diskutiert wird, sondern auch etwas umgesetzt wird", sagte Ruoss und fragte nach den verschiedenen Kostenblöcken sowie nach der Qualifikation des Projektleiters Philipp Dechow.

Außerdem forderte Ruoss, den Beginn der öffentlichen Veranstaltungen von 16 auf 18 Uhr zu verlegen, um vielen Berufstätigen die Möglichkeit zu geben, daran teilzunehmen. "Wir wurden seitens der Gemeinde dazu angehalten, die Geschichte ohne unnötiges Aufblähen anzugehen, doch mit den Kosten muss man einfach rechnen", erklärte Kerstin Gothe. "Lieber eine lange Planung als fehlerhaftes Bauen", setzte sie Ruoss Worten entgegen. Es sei ein Mordskraftakt für Baiersbronn, doch wenn man sage, das ist es uns wert, habe man viel erreicht.

"Wenn wir zustimmen, ist es schon ein wenig, wie die Katze im Sack zu kaufen. Was mich befremdet ist, Ihnen zu vertrauen, welche Berater wir nehmen", so Michael Seitz (SPD). Zudem halte er den Zeitplan für sehr sportlich und forderte keine weitere Kostensteigerung. "Die Summe ist erschreckend, doch dieses Verfahren wird die meiste Zufriedenheit bei Bürgern und Gemeinderäten bringen", prophezeite Ludwig Wäckers (BUB). Sehe man die gesamte Summe, die bei der Unterdorfsanierung investiert werden müsse, seien die Verfahrenskosten ein Klacks. Wichtig sei es, Qualität in die Sanierung zu bringen. "Dieses diskursive Verfahren ist die Professur des Ideenwettbewerbs", sagte Wäckers, regte aber ebenfalls Kosteneinsparungen an.

Bürgermeister Michael Ruf sprach sich für das geplante städtebauliche Modell aus, dies sei eine gängige Maßnahme, und der Mensch sei eher ein optischer Erfasser. "Modelle sind nicht so akademisch, jeder Bürger kann daran vorbei laufen und sehen, was passiert. Auch wenn so ein Modell Kosten verursacht, sollte es uns das wert sein", fügte Bauamtsleiter Thomas Kuntosch hinzu. Die Gemeinde habe große Außenwirkung, dies sollte sich auch im Ort widerspiegeln.

"Baiersbronn hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, wir sind dabei, aus dem Mittelmaß herauszutreten", sagte Gerhard Gaiser (SPD). Schließlich plane man für die nächsten Jahrzehnte und brauche eine Zukunftsplanung, die Vorbildcharakter für den ländlichen Bereich habe, auch wenn diese Kosten verursache. "Wir kaufen hier nicht die Katze im Sack, wir haben die Möglichkeit zu intervenieren und gehen einen konsequenten Weg, um fit für die nächste Generation zu sein", so Tourismusdirektor Patrick Schreib.

Einstimmig fiel das Votum für die geplante Vorgehensweise aus und dafür, die Kosten für das diskursive Verfahren zu tragen. "Es kann etwas sehr Beeindruckendes dabei herauskommen. Sie können es schaffen, das Unterdorf aus seiner schwierigen Situation herauszuführen", erklärte Kerstin Gothe.