Finden das Integrationsprojekt gut: Clemens Schmid, Nanette Popp und Mohamad Kdemadi (von links). Foto: Braun Foto: Schwarzwälder-Bote

Integration: Baiersbronner Sprachprojekt trägt Früchte / Beide profitieren

Die Sprache ist der Schlüssel zur Teilhabe an der Gesellschaft. Aus diesem Grund hat die Flüchtlings- und Integrationsbeauftragte der Gemeinde Baiersbronn, Nanette Popp, das Projekt "Lernen im Tandem" ins Leben gerufen. Es trägt nun Früchte.

Baiersbronn. Seit August des vergangenen Jahres treffen sich Mohamad Kdemadi aus Syrien und Clemens Schmid aus Baiersbronn regelmäßig einmal in der Woche, um voneinander zu lernen. Dabei geht es dem syrischen Flüchtling darum, die deutsche Sprache zu lernen, aber auch den Kontakt zu halten und gemeinsam mit seinem Deutschlehrer die deutsche Sprache auszuprobieren. Die beiden haben sich zu einem sogenannten Sprachtandem zusammengetan.

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Das Ganze läuft wechselseitig ab. Man kann sich in der Muttersprache des anderen miteinander unterhalten, und beide Tandem-Partner profitieren. "Mohamad gibt vor, was wir machen. Es wird über aktuelle Themen gesprochen und auch über den Stand seiner Bewerbungsfortschritte", sagt Clemens Schmid. Der pensionierte Lehrer ist für den 29-jährigen Flüchtling zu einem guten Freund geworden. Dabei steht für Schmid nicht das Erlernen der arabischen Sprache im Vordergrund. Es geht ihm vor allem um die Berichte und Geschichten aus der syrischen Heimat seines Freundes. "Wenn ich zu ihm komme, macht er mir erst einmal einen tollen arabischen Kaffee", schwärmt Schmid.

Ein typisches Sprachtandem sei das nicht. "Wir konzentrieren uns auf das Deutsch, und er vermittelt mir ein Bild von Syrien, wie er dort gelebt hat und wie es dort zuging", erklärt Clemens Schmid. Es gehe um die menschliche Seite und um die Hilfe zur Integration. Das Bild von einem Tandem sei da vielleicht ein unglückliches. "Ich sehe uns eher nicht auf einem Fahrrad hintereinander sitzen, sondern auf zwei Fahrrädern, die aufeinander zu fahren", beschreibt der ehemalige Deutschlehrer.

Terminus hin oder her – aktuell gibt es wir in der Gemeinde drei aktive Sprachtandems. "Aber es kommen immer wieder neue dazu, und bestehende lösen sich auch auf", sagt Nanette Popp. Dabei betont sie, dass sich niemand verpflichtet fühlen müsse, ein einmal begonnenes Sprachtandem weiterzuführen, wenn es nicht passen sollte oder die Zeit nicht ausreicht. "Wichtig sind die freiwillige Basis und der Spaß, voneinander zu lernen", so die Integrationsbeauftragte, die zu ihrer Studienzeit selbst an solch einem Projekt teilgenommen hat.

Für Mohamad Kdemadi ist es wichtig, die deutsche Sprache zu lernen, denn ohne Sprache gibt es keine Zukunft hier, erklärt er. Nach rund eineinhalb Jahren hier spricht er recht gut Deutsch. Der gelernte Buchhalter ist sich sicher: Wenn er erst einmal eine Anstellung gefunden hat, ist auch die Sprache kein Problem mehr. Und so schreibt er, auch mit Hilfe von seinem Freund Clemens, fleißig Bewerbungen. "In Syrien habe ich BWL studiert und war in einer großen holzverarbeitenden Firma als Buchhalter tätig. Der Neuanfang ist schwer für mich hier in Deutschland. Ich brauche Hilfe bei der Anerkennung meiner Zeugnisse, viele Informationen und natürlich dringend eine Arbeitsstelle." Von manchen Firmen hat er noch nicht mal eine Antwort auf seine Bewerbung bekommen, erzählt er traurig. Doch die Hoffnung gibt er nicht auf, denn egal was – er möchte einfach nur arbeiten.

Clemens Schmid hat einen Wunsch, der einen gemeinsamen Austausch mit den Flüchtlingen leichter machen würde: eine Art Begegnungscafé, um den Kontakt nicht zu verlieren. Die Treffen von Mohamad Kdemadi und Clemens Schmid dauern immer rund zwei Stunden und werden von beiden sehr geschätzt.

 Wer Interesse an einem Sprachtandem hat, kann sich bei Nanette Popp melden.