Nach der Vorführung im Gespräch (von links): Horst Walther, Wolfgang Plappert, Kinobetreiber Joachim Wossidlo, Barbara Kassen und Sebastian Plüer (beide VHS Calw), Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder-Bote

Kino: Vorbehaltsfilm "Jud Süß" zu sehen / Interessiertes Publikum / Einführung und Diskussion

Von Götz Bechtle

Bad Wildbad. Der 1940 gedrehte Spielfilm "Jud Süß" ist heute ein sogenannter Vorbehaltsfilm. Vorbehaltsfilme dürfen aufgrund ihres kriegsverherrlichenden, rassistischen und volksverhetzenden Charakters nur in geschlossenen Veranstaltungen gezeigt werden – und nur mit vorangehender Einführung eines Referenten und anschließender Diskussion.

Eine Art Schutzbrief

Der "historische" Film, eine perfide Hetzpropaganda im Dritten Reich gegen die Juden, wurde im KiWi (Kino in Wildbad) in Zusammenarbeit mit der VHS Calw und dem Heimat- und Geschichtsverein (HGV) vor einem höchst interessierten Publikum aufgeführt. Der geschichtliche Hintergrund: Herzog Carl Alexander (1684-1737) regierte von 1733 bis 1737 und führte einen ausschweifenden Lebensstil, den er nicht finanzieren konnte. Noch als Erbprinz schloss er mit dem Großkaufmann Joseph Ben Isachar Süßkind Oppenheimer, genannt Jud Süß, aus Frankfurt einen Vertrag in Wildbad am 14. November 1732. Dieser, auf den Wolfgang Plappert, Vorsitzender des HGV, nach der Vorführung besonders hinwies, war eine Art Schutzbrief und machte Oppenheimer zum "Hof- und Kriegsfaktor" sowie Privatbankier des Erbprinzen. Außerdem erhielt Oppenheimer Befreiung von allen Zoll-, Straßen-, Juden- und sonstigen Steuern sowie Abgaben.

Vom Wiesbadener "Institut für Kino und Filmkultur" war dessen Leiter Horst Walther bei der Vorführung anwesend, der bei seiner Einführung auf die Lebenssituation in Deutschland im Jahre 1939 und 1940 einging, wo die von den Nazis, also dem Staat, absolut gesteuerte Information völlig einseitig ausgelegt war.

Der Film, so Walther, sei aus filmischer Sicht ausgezeichnet gemacht und gehöre zur antisemitischen Hetzpropaganda Goebbels, der "mit kalter Hand" die schauspielerische Besetzung selbst bestimmte. Mit dem die Gefühle ansprechenden Unterhaltungsfilm sollte die Bevölkerung antisemitisch eingestellt werden. Vor allem auch in der Aussage Sturms nach dem Tod des Herzogs "Der Jud muss weg!" und die anschließende Hinrichtung von Jud Süß wegen "Rassenschande" sollten die Zuschauer im Kino diese "gerechte Strafe" gutheißen und vorhandene Vorurteile gegen die Juden bestätigen. Goebbels schrieb in seinem Tagebuch, dass "Jud Süß"der erste wirklich antisemitische Film sei.

Viele Kontraste

Die Hauptlinie als erzählende Struktur im Film wird für den informierten Zuschauer bereits am Anfang erkennbar, viele Kontraste beim Schnitt und in der Musik wecken Emotionen. In der sich anschließenden Aussprache ging Walther auf die Interpretation des Films bezüglich Kameraführung, Musik, Schnitt und Inszenierung an einigen Beispielen ein, um die Wirkung des Films zu interpretieren. Wobei er betonte, dass man dieses Werk heute mit ganz anderen Augen sehen würde.