Bürger von Bad Rippoldsau-Schapbach werden wegen Broschüre des Bürgermeisters nochmals zur Urne gebeten

Von Claus Wiegert

Bad Rippoldsau-Schapbach. Fast vier Wochen lang nahm sich die Kommunalaufsicht für die Prüfung Zeit, nun kam der Paukenschlag: Das Landratsamt hat die Bürgermeisterwahl in Bad Rippoldsau-Schapbach am 15. März für ungültig erklärt.

Der Grund dafür ist die farbige Hochglanzbroschüre "Rückblick – Ausblick", die Bürgermeister Bernhard Waidele wenige Tage vor der Wahl fast in der ganzen Doppelgemeinde im oberen Wolftal verteilen ließ.

Die Broschüre, auf die ein Bürger das Kommunalamt hingewiesen hatte, weist gleich drei rechtlich gravierende Fehler auf: Auf dem Titel und den Innenseiten ist das Wappen der Gemeinde zu sehen, ein Impressum hat sie nicht, und zudem enthält sie einen Einleitungstext Waideles, die er ausdrücklich in seiner Funktion als Bürgermeister verfasst hat.

Die Rechtsaufsichtsbehörde wertet die Broschüre als "Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf eine freie Meinungsbildung des Bürgers im Vorfeld der Wahl, die ohne Einflussnahme staatlicher oder kommunaler Organe, zu denen auch der Bürgermeister gehört, möglich sein muss".

Die Verletzung der Neutralitätspflicht des Bürgermeisters habe zur Folge, wie das Landratsamt mitteilt, dass die Wahl aufzuheben und eine Wiederholungswahl anzusetzen sei. Letztere muss innerhalb von sechs Monaten ab dem Wahltag, also spätestens bis zum 15. September, stattfinden.

Waidele bleibt mit allen Rechten und Pflichten im Amt, bis das Ergebnis der Wiederholungswahl rechtskräftig festgestellt ist.

Neue Kandidaten können nicht ihren Hut in den Ring werfen – die Bürger haben nur die Wahl zwischen den bisherigen Bewerbern. Allerdings kann auch kein Kandidat seine Bewerbung zurückziehen, denn es muss, wie Klaus Dölker, Leiter des Kommunal- und Rechnungsgsprüfungsamts im Landratsamt Freudenstadt, auf Anfrage unserer Zeitung sagte, genau die Wahl vom 15. März wiederholt werden. Das führt zu der seltsamen Situation, dass Ulrich Krauth, Hauptkonkurrent Waideles im Wahlkampf, wieder antreten muss, obwohl er eigentlich gar nicht mehr kandidieren wollte, wenn die Kommunalaufsicht aus rechtlichen Gründen eine Wiederholungswahl anordnet.

Klarer Ausgang der Wahl spielt bei Bewertung keine Rolle

Bei seiner Entscheidung habe das Landratsamt keinen Ermessensspielraum gehabt, versichert die Kommunalaufsicht. Auch der klare Ausgang der Wahl – Waidele siegte mit einem Vorsprung von fast 20 Prozent vor Ulrich Krauth – ändere nichts daran. Zwar werde schon geprüft, ob die Wahlverstöße einen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt hätten, sagt Dölker. Aber rechnerisch sei der Grad der Beeinflussung kaum zu ermitteln. Das Kommunalamt hat sich bei der rechtlichen Beurteilung des Falls mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe abgestimmt. Schließlich ist solch ein Fall selten – Dölker, seit 37 Jahren beim Landratsamt, hat ihn im Kreis Freudenstadt noch nicht erlebt.

Gemeinde und Bürgermeister können die Aufhebung der Wahl beim Verwaltungsgericht anfechten. Waidele lässt im Gespräch mit unserer Zeitung noch offen, ob er die Aufhebung der Wahl anficht. Er habe war von den juristischen Bedenken der Kommunalaufsicht gewusst, aber trotzdem gehofft, dass er nun "in Ruhe und Frieden" arbeiten könne. Zumal er damit gerechnet habe, dass auch die Höhe seines Wahlsiegs berücksichtigt wird. Die Broschüre habe er zu einem "ungünstigen Zeitpunkt" herausgegeben: "Das war wie im Finale."

An der Broschüre habe er in seiner Freizeit an den Wochenenden gearbeitet. Die Verwendung es Gemeindewappens in seiner Broschüre sei ein Fehler gewesen, räumt Waidele ein, "aber ich bin auch kein Presserechtsspezialist". Schon im Wahlkampf habe er seinen Fehler eingeräumt, betont Waidele und gibt zu, dass ihm die Trennung zwischen den Positionen des Amtsinhabers und des Wahlkämpfers schwer gefallen ist.

Ob die Gemeinde Bad Rippoldsau-Schapbach gegen die Aufhebung der Wahl klagt, muss der Gemeinderat in einer öffentlichen Sitzung entscheiden. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass das Gremium beim Verwaltungsgericht Einspruch einlegt.

Ulrich Krauth, Chef der CDU-Fraktion, der größten im Gemeinderat, ist jedenfalls nicht dafür: "Man hat uns in Gesprächen sehr klar gesagt, dass wir keine Chance haben, dagegen vorzugehen. Wir müssen diese Kröte wohl schlucken", sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung.

Wenn das Landratsamt einen Ermessensspielraum gehabt hätte, mein Krauth, hätte es ihn sicher auch genutzt. Zudem müsse bei einer Anfechtungsklage die Wahl möglicherweise nicht nur wiederholt, sondern komplett neu durchgezogen werden – von der Ausschreibung an. Dann nämlich, wegen des Verfahrens die sechsmonatige Frist für die Wiederholungswahl nicht eingehalten werden könnte.

"Die Wahl stand unter keinem guten Stern", so Krauth: Zunächst musste sie wegen eines Fehlers der Verwaltung ein zweites Mal ausgeschrieben werden, nun wird die Wahl selbst wiederholt.

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