Der Bad Liebenzeller Autor Gerhard Treichel offenbart in seinem Buch "Sehnsucht nach Freiheit" viele autobiografische Erlebnisse. Foto: Fisel Foto: Schwarzwälder-Bote

Buch von Gerhard Treichel erinnert an Ereignisse im November 1989 / Bewegende Berichte von Zeitzeugen

Von Andrea Fisel

Bad Liebenzell. "Mit allem haben wir gerechnet, nur nicht mit Kerzen und Gebeten", wird Horst Sindermann, der ehemalige Vorsitzende des DDR-Ministerrates, zitiert angesichts hunderttausender, friedlich demonstrierender Menschen auf den Straßen Berlins, Leipzigs und anderer Städte der damaligen DDR. "Vom Schein der Kerzen bis zum Fall der Mauer möchte uns das Programm dieses Abends begleiten", begrüßte Werner Komenda als Vertreter der Stadt Bad Liebenzell die zahlreich erschienenen Gäste im Parksaal des Bürgerzentrums. Ein eigens für diese Veranstaltung formiertes Musikensemble mit Trompeter Andreas Kling sowie Studenten der Internationalen Hochschule Liebenzell (IHL), Jana Schwenkschuster am Flügel, Sängerin Wencke Maerker sowie Bengt Riedel mit Gitarre und Gesang, bereicherte die Wortbeiträge mit eindrucksvollen Liedtexten und exzellenter Instrumentalbegleitung. "God has smile on me, he said me free" (Gott hat mich angelächelt, er sprach mich frei), bekannten sie.

In seinem neuen Buch "Sehnsucht nach Freiheit" beschreibt Gerhard Treichel jene "Revolution der Kerzen", mit der Bürger der früheren DDR voller Mut und Zuversicht, getrieben von einem übermächtigen Verlangen nach Freiheit, eine neue Zeit anbrechen ließen. Der heute im Bad Liebenzeller Stadtteil Beinberg wohnende Autor hat als früherer DDR-Bürger diese Zeitepoche miterlebt; bei seinen Schilderungen der politischen Ereignisse, menschlicher Schicksale sowie emotionaler Auseinandersetzungen schien er sichtlich bewegt.

"Wir lernten in jener Zeit wieder den aufrechten Gang", erinnerte sich Treichel, während zu seinen Lesungen Bilder auf der Leinwand im Hintergrund aufleuchteten mit Menschen in riesigen Demonstrationszügen, mit hell leuchtenden Kerzen, als standhafte Plakatträger oder voll überschäumender Freude auf der Berliner Mauer. "Wir können stolz sein auf die Menschen, die den Fall der Mauer in Berlin und den Aufbruch in Leipzig bewirkt haben", würdigte der Historiker jene mutigen, absolut gewaltlosen Freiheitsbestrebungen.

Horst Kriechbaum, ein Freund des Autors und Moderator des Abends, unterstrich die Bedeutung dieser friedlichen Revolution noch mit einem Zitat des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmanns, der im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands von einem Wunder sprach: "Seitdem macht sich niemand mehr darüber lustig, wenn Menschen Kerzen anzünden."

Mit Erinnerungen, bisweilen sehr persönlichen Empfindungen veranschaulichte das seit Jahren in Beinberg beheimatete Ehepaar Krause das Leben im ehemals zweigeteilten Deutschland. Die beiden hatten sich Jahre vor der Wende als Jugendliche während eines partnerschaftlichen Besuchs ihrer Kirchengemeinden kennen und lieben gelernt und von Stund an dafür gekämpft, heiraten und gemeinsam im Westen leben zu dürfen.

Ihre unterschiedlichen Erlebnisse in Kindheit und Jugend, Schule und Freizeit – Marion im Osten, Rüdiger im Westen – aber auch ihre über jegliche Grenzen verbindenden Erfahrungen bezüglich Familie, Freunde und politischer Gesinnung hinterließen nachhaltige Eindrücke unter den Zuhörern. "Wir erinnern unsere Kinder immer daran, wenn wir die ehemalige innerdeutsche Grenze überfahren, dass hier einst eine Grenze mit Todesstreifen war. Für euch ist das ein langweiliger Hut, für uns steht diese offene Grenze immer für die Überwindung der Unfreiheit", machte das Ehepaar deutlich.