Als schrullige Miss Marple brachte Schauspielerin Isabelle Guidi (rechts) ihren Inspektor von New Scottland Yard (Mirjam Orlowsky) zur steten Verzweiflung – sehr zur Freude der rund 70 Theatergäste im Blauen Saal der Paracelsus-Klinik in Unterlengenhardt. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Duo Mirabelle stürzt den Blauen Saal der Paracelsus-Klinik in lustiges Chaos / Verschiedene Rollen angenommen

Von Axel H. Kunert

Bad Liebenzell-Unterlengenhardt. Wenn jemand wegen Krankheit nicht ins Theater kann, muss eben das Theater ins Krankenhaus kommen. So gastierte am Samstagabend das Schauspiel-Duo Mirabelle aus Tübingen in der Paracelsus-Klinik Unterlengenhardt. Es lieferte vor rund 70 Theaterbegeisterten seine eigene Inszenierung von Agatha Christies "16 Uhr 50 ab Paddington".

Eine klassische Lesung sollte es sein, so zumindest die Ankündigung. Doch auch wenn die beiden Schauspielerinnen Mirjam Orlowsky und Isabelle Guidi ("Mir-" und "-abelle") tatsächlich immer mal wieder zum Textbuch greifen, um die für einen Kriminalfall doch recht komplexe Handlung ein bisschen schneller voranzubringen, so lebte der 100-Minuten-Auftritt von den zum Teil aberwitzigen Spielszenen, in denen die beiden ausdrucksstarken Schauspielerinnen quasi im Sekundentakt in die verschiedensten Rollen schlüpften. Und jeweils hübsch und auf den Punkt überspielt jedem einzelnen der bizarren Charaktere eine ganz eigene, unverkennbare Note verpassten.

Besondere Bedeutung kam bei diesem Spiel den beiden Requisiten-Koffern zu, aus denen heraus die begnadeten Schauspielerinnen all die kleinen und großen Dinge zauberten, mit denen die Bühne des Blauen Saals der Paracelsus-Klinik mal zum Bahnhof, mal zu einem fahrenden Zug, mal zu einem altenglischen Landsitz, mal zur guten Stube der genauso berühmten wie kauzigen Miss Marple wurde.

Dabei richteten die beiden Frauen mit der Zeit auch ein ziemlich beachtliches Chaos an, das aber irgendwie auch den ins Kraut schießenden Theorien des akkurat näselnden Inspektors von New Scottland Yard entsprach (in seiner Rolle an Trenchcoat und Schlapphut erkennbar).

Natürlich brachte erst die souveräne Miss Marple Klarheit in den Fall und die überraschende Auflösung – und damit auch wieder Ordnung auf die Bühne selbst. Der Miss Marple kenntlich machende Hut mit weißer Nelke sah übrigens ein wenig wie ein Teekannenwärmer aus – was aber auch ganz passend scheint.

Tosender Applaus war der Lohn für turbulenten Theaterabend der etwas anderen Art. Und da "Mir-" und "-abelle" ihre Heimat unter anderem in der Pantomime und ein bisschen auch in der clownesken Akrobatik haben, war es auch ein wirklich lustiges Erlebnis, das einen völlig vergessen ließ, wo sich dieser bemerkenswerte Kleinkunstkeller eigentlich befindet. Und dass manche Sitznachbarn nicht nur zum Spaß ihren Infusions-Ständer mit in den kleinen, aber feinen Theater-Olymp gebracht hatten.