Barbara Russo (links) in einem weißen Leinenkleid der arbeitenden Bevölkerung zur Zeit des Biedermeiers sowie Alexandra Walther mit Ziege Merle. Foto: Zoller Foto: Schwarzwälder-Bote

Bei "Klassik im Kloster" lebt Zeit des Biedermeiers wieder auf

Bad Herrenalb. Bei den Sommerkonzerten von Klassik im Kloster am heutigen Freitag und Samstag, 11. Juli, erklingen die schönsten Walzermelodien an einem der attraktivsten Konzertorte des Albtals.

Die Zeit des musikalischen Biedermeiers ist in Bad Herrenalb verknüpft mit den Anfängen der Kaltwasserheilanstalt vor 175 Jahren. Am 30. März 1840 wurde das ehemals klösterliche Kameralamt an den praktischen Arzt Philipp Friedrich Weiß in Neuenbürg verkauft. Bereits zwei Monate später dokumentiert eine Anzeige in der "Schwäbischen Chronik" die Eröffnung der Wasserheilanstalt. Bewegung und einfache Kost waren die Argumente für die Wasserkur, die im Eröffnungsjahr 28 Kurgäste nach Herrenalb führten.

Bereits damals war die Klosterkirche das musikalische Zentrum des Ortes, ein Konversationshaus oder gar ein Kurhaus gab es auch in den folgenden Jahren für die immer zahlreicher werdenden Kurgäste nicht. Die Unterkünfte blieben einfach, und zur Verpflegung wurden Produkte aus der Region gereicht.

1920 erinnerte sich der Sohn des ehemaligen Schultheiß Eberhard Beutter an das Herrenalb um 1872. "Mutter verleugnete die Bauerntochter nicht und hat ihr Leben lang Freude am Vieh gehabt. – Wir hatten Wiesen gepachtet und mussten Landwirtschaft betreiben." Als besonders schönes Zitat seiner Mutter ist in der Herrenalber Chronik zu lesen: "Ihr wisst gar nicht, wie angenehm es ist, eigene Milch zu haben."

Ausführlicher schildert Pfarrer Bührlen aus Schömberg die Lebensverhältnisse der Schwarzwaldbewohner: "Früher war es noch mehr als jetzt (1884) die Sitte, dass bei keiner Mahlzeit, morgens, mittags und abends, Milch fehlen durfte, süß oder sauer, aus der Schüssel gegessen, selbst hinter dem Sauerkraut."

Passend zu den Melodien aus der Zeit des 19. Jahrhunderts "kredenzt" Klassik im Kloster laut Veranstalterin Sabine Zoller an beiden Konzerttagen kulinarische Besonderheiten aus der Biedermeierzeit. Nach lukullischen Überraschungen der vergangenen Sommerkonzerte wie "Dukatenbeutel" und "Tartuffoli"-Spezialitäten sind nun die Ziegen die Stars. Einst als "Kuh des armen Mannes" belächelt, erfreuen sich Ziegen und deren Produkte heute höchster Beliebtheit. Als "Feinschmecker" unter den Tieren ernährt sich die Ziege von feinen Gräsern, Kräutern oder Zweigen. Im Herrenalber Rennbachtal betreut Alexandra Walther 13 Poitevine Ziegen, die seit dem 19. Jahrhundert aus verschiedenen Landziegenrassen in Westfrankreich gezüchtet werden.

Gäste von "Klassik im Kloster" kommen erstmals in den Genuss, die frische Ziegenmilch als Ziegenfrischkäse mit Kräutern und Gewürzen zu verkosten. Als Zungenschmeichler für die heißen Tage hat Barbara Russo die Ziegenmilch in ein Eis verwandelt, das ebenfalls erstmals bei einem Konzert zu genießen ist. Neben den Klängen zur Biedermeierzeit flanieren zum Konzert am Samstag Gäste aus Offenburg in Biedermeierkostümen durch das Klosterareal. Kinder der Trachtengruppe spielen mit den Ziegen vor dem Paradies. Der Bad Herrenalber Nachtwächter Horst Wahl lädt nach dem Benefizkonzert zu spannenden Geschichten rund um das Kloster ein. Die Bewirtung übernimmt die Trachtengruppe Herrenalb. Der Erlös der Konzerte kommt der Walcker-Orgel zugute.