Die seit mehr als 20 Jahren stetig steigende Zahl von Windenergieanlagen stellt für einige Tierarten ein Problem dar. Fledermäuse und Greifvögel wie Rotmilane sind besonders von tödlichen Kollisionen mit den schnell rotierenden Rotorblättern betroffen. Foto: Pleul Foto: Pleul

Sind Anlagen auf Althengstetter Gemarkung genehmigungsfähig? Auch Vogelschutz Thema.  

Althengstett - Sind Windkraftanlagen auf Althengstetter Gemarkung genehmigungsfähig und ist die Nutzung dieser regenerativen Energiequelle überhaupt erwünscht? Um diese Fragen geht es heute Abend im Gemeinderat.

Bislang ist lediglich die Solarenergie ein großes Thema in der Kommune und  den benachbarten Orten im Gemeindeverwaltungsverband (GVV). Wasserkraftanlagen  und ein weiterer Ausbau von Biogasanlagen sind offenbar nicht möglich. Den Gemeinden im GVV – Althengstett, Gechingen, Ostelsheim und Simmozheim – stehen keine nennenswerten Energiequellen zur Verfügung. Deshalb will der Althengstetter Gemeinderat die Verwaltung beauftragen, dem Regionalverband Region Nordschwarzwald rückzumelden, »dass wir die Möglichkeit einer Konzentrationsfläche/ eines Vorranggebietes (siehe »Info«) für  drei bis fünf Windkraftanlagen offen halten wollen und wir vorab den Punkt  Rotmilan  durch ein Vogelschutzgutachten klären lassen«, heißt es  im Antrag der Gemeinderäte Amei Fischer, Philipp Jourdan, Lothar Kante und Dieter Rapp. »Auch wir müssen für die Zukunft unseren Beitrag leisten, ansonsten sind die Klimaschutzziele nicht erreichbar«, schreiben sie  weiter. Diskutiert wird derzeit vor allem der Vogelschutz, insbesondere die Gefährdung des Rotmilans, durch Windräder. Fachlich fundierte Aussagen sollte dazu nach Ansicht der Antragsteller ein Vogelschutzgutachten machen. Für die Kosten der Untersuchung könne auf die Nachhaltigkeitspauschale im Haushalt zurückgegriffen werden.

Gründliche Prüfung ist ein Muss

Es gehe nicht darum, »morgen einen kleinen Windpark zu erstellen, sondern, um der Diskussion Raum zu geben, ob es überhaupt geht und ob man dies dann möchte. Im Augenblick diskutiert man nämlich auf einer eher dünnen Basis«, schreiben die vier Ratsmitglieder. Ohne Prüfung zum Schutz von Mensch und Natur werden kein Windrad gebaut. Ein Standort müsse  vor einer Baugenehmigung gründlich geprüft werden: Hierzu würden zum Beispiel die Gutachten zu Vogel-, Fledermaus- und Schallschutz, Infraschall, Abstand, Schattenwurf und/oder der Landschaftspflege dienen.Das  Anliegen der Antragsteller, regenerative Energiequellen in Althengstett zu nutzen, entspreche dem erklärten Willen der Gemeinde, heißt es in der Beratungsvorlage   zur heutigen  Sitzung.

Gute Ertragschancen auf dem Köpfle

Ein  Ausschlusskriterium für viele Flächen im Ort sei die Windhöffigkeit, also das Ertragspotenzial, so die Verwaltung.  Ohne eine entsprechende Windhöffigkeit lässt sich eine solche Anlage nicht betreiben. Nur zwei Gebiete kämen in Frage: eines im Osten    und eines auf dem Köpfle.  Momentan eigne sich aufgrund vorhandener Restriktionen    nur die Fläche auf dem Köpfle für die Errichtung einer Windkraftanlage.  Dadurch verkleinere sich ein etwaiges Untersuchungsgebiet für eine artenschutzrechtliche Prüfung. Die konkrete Festlegung von Flächen für Windkraftanlagen für die kommenden Jahre durch die Aufstellung des Teilregionalplans Windenergie könnte laut Gemeindeverwaltung als Anlass genommen werden, mindestens ein Vogelschutzgutachten zum Rotmilan für die Hengstetter Gemarkung  zu erstellen. Das »Kurzgutachten« im Auftrag des Nachbarorts  Ostelsheim sei mittlerweile fünf Jahre alt. Drei Horste von Rotmilanen seien 2012 festgestellt worden, weshalb von einem Dichtezentrum ausgegangen werde. Der Augenschein zahlreicher Rotmilane, die über Althengstett kreisen, spreche gegen eine grundsätzliche Veränderung der Population  in den vergangenen Jahren.Die Art  genieße sehr großen gesetzlichen Schutz. Dass das Regierungspräsidium Karlsruhe hohe Hürden für eine Genehmigung sieht, sei am Stopp der Windkraftpläne bei Horb 2013 deutlich geworden, wo ein Gutachten des Naturschutzbunds Deutschland  nach zweijähriger Planungszeit dem Vorhaben ein Ende gesetzt habe. Der Oberbürgermeister von Tübingen, dessen Stadtwerke das Vorhaben planten, habe damals vergeblich protestiert: »Es reicht doch nicht aus, dass man Rotmilane sieht.« Genau dies geschehe über Althengstett: Man sehe täglich und häufig Rotmilane. Das Thema Windkraft steht am Mittwoch unter anderem  auf der Tagesordnung des Althengstetter Gemeinderats, der ab 19 Uhr im Rathaus tagt.  

INFO: Ausweisung von Konzentrationszonen

Nach der Novellierung des Landesplanungsgesetzes kann die Regionalplanung Festlegungen zu Standorten regional bedeutsamer Windenergieanlagen nur noch als Vorranggebiete treffen.   Ausschlussgebiete können nicht mehr ausgewiesen werden. Kommunen erhalten damit die Möglichkeit zur eigenen planerischen Steuerung von Windenergieanlagen in ihren Flächennutzungsplänen (Planung von  Konzentrationszonen). Kommt es zu einer  Ausweisung von Standorten für Windkraftenergieanlagen durch Darstellung im Flächennutzungsplan, erfolgt eine positive Standortzuweisung. Die Folge: Der übrige Planungsraum wird von Windenergieanlagen freigehalten. In Alhengstett ist dies Angelegenheit des Gemeindeverwaltungsverbandes (GVV), da  dieser  Träger der Flächennnutzungsplanung ist. Voraussetzung für die planerische Steuerung ist ein auf der Untersuchung des gesamten Verbandgebietes basierendes Planungskonzept für Windenergiestandorte.
Derzeit kann prinzipiell an jeder Stelle  in der Gemeinde Althengstett die Planung für ein Windrad eingeleitet werden, da bisher weder auf regionaler noch auf kommunaler Ebene eine planerische Steuerung erfolgt. Wer ein Windrad   errichten will, muss die nötigen Abstandsflächen von der Wohnbebauung einhalten, den Naturschutz   beachten und kann einen Bauantrag einreichen.
Die Ausweisung einer  Konzentrationszone  ist ein Planungsinstrument des GVV, um die potentielle Fläche für die Errichtung eines Windrads zu verringern und innerhalb des Verbands gewisse Flächen von der Nutzung auszuschließen und andere  positiv auszuzeichnen. Interessiert sich ein Investor für einen Standort, muss er ebenfalls im Genehmigungsverfahren nochmals aktualisiert die entsprechenden Untersuchungen
durchführen lassen.