Das Ehepaar Dietterle und Sohn Maximilian (links) können mit dem Anderssein von Jonas inzwischen gut umgehen. Foto: Bausch Foto: Schwarzwälder-Bote

Autismus ist einer Erkrankung mit vielen Gesichtern. Es handelt sich um

Autismus ist einer Erkrankung mit vielen Gesichtern. Es handelt sich um eine angeborene Wahrnehmungs- und Entwicklungsstörung des Gehirns, die sich schon im frühen Kindesalter bemerkbar macht. Die betroffenen Menschen haben meist Probleme im Sozial- und Kommunikationsverhalten. Diese reichen von oft als Schüchternheit verkannten Hemmungen bis zum totalen Rückzug in eine eigene Innenwelt. Inselbegabungen sind sehr häufig. Besonders wichtig für diese Menschen ist ein gewohntes und regelmäßiges Leben. Dieses vermittelt ihnen die nötige Sicherheit.

Von Bettina Bausch

Althengstett. "Hast du einen Opa, wie heißt er und was für ein Auto hat er früher gefahren?", fragt Jonas Dietterle andere Menschen beim Kennenlernen immer ganz spontan. Der neunjährige Junge hat eine ganz eigene Art, seine Umgebung wahrzunehmen und mit seinem Umfeld zu kommunizieren. Er meidet Blickkontakt, wiederholt oft stereotyp dasselbe und ist ständig unruhig und in Bewegung. Als Autist lebt er in seiner eigenen inneren Welt, in die er sich zurückgezogen hat.

"Jeder Veränderung in seiner Umgebung erregt Jonas stark", erzählt Mutter Anja Dietterle. Bei allen Einschränkungen habe ihr Sohn jedoch auch eine besondere Stärke, eine sogenannte "Inselbegabung für bestimmte Bereiche", wie sie sagt. Bei Jonas ist dies ein ausgeprägtes Interesse an Oldtimern, alten Autos und Traktoren, über die er sich inzwischen ein großes Wissen angeeignet hat.

Viele Bücher über das Hobby

Stolz zeigt der Neunjährige seine Schätze. Der autistische Junge besitzt stapelweise Bücher und Zeitschriften über sein besonderes Hobby und kennt viele Hunderte von Modellen. Er weiß bestens Bescheid über Oldtimer. Manche dieser nostalgischen Fahrzeuge besitzt er auch als Modellautos. Bei Spaziergängen durch seinen Heimatort ist er stets fasziniert, wenn er große Traktoren und ältere Fahrzeuge sieht. Allerdings kann er dann auch aufgrund seiner sensiblen Veranlagung plötzlich angstvoll, laut und gestenreich auf neue, ungewohnte Situationen reagieren. "Dies ist für autistische Menschen oft typisch. Ich muss mich dann viel erklären und mich für Jonas ungewöhnliches Verhalten entschuldigen", sagt seine Mutter. Die gelernte Erzieherin versucht in solchen Situationen beruhigend auf Jonas einzuwirken.

Anja Dietterle ist froh, dass ihr Sohn die auf solche Fälle spezialisierte Karl-Georg-Haldenwang-Schule in Bad Teinach-Zavelstein besuchen kann. "Die Förderung in dieser Schule mit nur sechs Kindern in der Klasse ist für meinen Sohn optimal", sagt sie.

Zusammen mit ihren Ehemann Martin nutzt sie auch gerne die vielfältigen Angebote der Calwer Lebenshilfe. Denn auch Jonas’ zehnjähriger Bruder Maximilian kann dort zusammen mit anderen Kindern mit und ohne Handicap nach Herzenslust beim Piratenschiff herumtollen, kreativ gestalten oder schöne Ausflüge miterleben. Das in Simmozheim aufgewachsene Ehepaar Dietterle ist vor einigen Jahren mit ihren beiden Söhnen nach Althengstett gezogen, wo sich die Familie wohl fühlt.

Für den zehnjährigen Maximilian ist es nicht immer leicht, wenn er auf seinen autistischen Bruder Rücksicht nehmen soll. Aber er hat inzwischen gelernt, mit der besonderen familiären Situation klarzukommen. "Wir gehen offen mit unseren Alltagsschwierigkeiten um", sagt Anja Dietterle. Sie singt gerne und spielt Gitarre und wenn immer es ihr möglich ist, besucht sie die Proben des ihr vertrauten Liederkranzes Simmozheim, wo sie im Kreise der großen Sängerfamilie sehr gut entspannen kann.