Ein 32-Jähriger musste sich vor dem Nagolder Amtsgericht wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verantworten. Foto: Köncke Foto: Schwarzwälder-Bote

Gericht setzt Haftstrafe zur Bewährung aus

Von Manfred Köncke

Altensteig. Als der Polizeibeamte beruhigend auf ihn einredete, zog der 32-Jährige plötzlich ein Taschenmesser aus der Hosentasche und öffnete es. Wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte hat das Amtsgericht Nagold einen Hartz-IV-Empfänger aus dem Raum Altensteig zu einer dreimonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.

Im vergangenen Sommer rief die Besitzerin eines Wohnhauses in Simmersfeld die Polizei in Nagold an. Aus dem ersten Stock habe sie laute Schreie und wüste Beschimpfungen gehört. Außerdem seien Möbelstücke umgekippt worden. Ein erfahrener Polizist und seine junge Kollegin machten sich auf den Weg. Als sie an der verschlossenen Eingangstür klopften, öffnete niemand. Weil der Schlüssel steckte, betraten die Beamten das Wohnzimmer und stießen auf wahllos herumliegende Kleidungstücke und einen umgestürzten Schrank.

Auf lautes Rufen hin sei ein "total nassgeschwitzter Mann" aufgetaucht, sagte der Polizist in der Verhandlung aus. Dessen Freundin habe sich im Badezimmer verbarrikadiert gehabt. Um die Situation zu entschärfen, forderte der Beamte den 32-Jährigen auf, mit auf den Balkon zu kommen und redete dort besänftigt auf den verzweifelt wirkenden Mann ein. Plötzlich zog der ein Schweizer Taschenmesser aus der Hosentasche und klappte die Klinge auf.

Der Gesetzeshüter fühlte sich bedroht und versuchte, dem 32-Jährigen mit einem Schlagstock das Messer aus der Hand zu schlagen, was nicht gelang. Der 32-Jährige kletterte über die Balkonbrüstung und sprang in die Tiefe, kehrte dann aber in die Wohnung zurück und ließ sich widerstandslos festnehmen. Die nächsten Tage verbrachte er in der Zelle.

Für Staatsanwältin Nele Betz war bei der Strafzumessung entscheidend, ob das Taschenmesser als Waffe eingesetzt wurde, was sie aufgrund der Reaktion des Angeklagten verneinte. In ihrem Plädoyer forderte sie deshalb "nur" eine Gefängnisstrafe von fünf Monaten, die man zur Bewährung aussetzen könnte.

Amtsrichter Martin Link blieb zwei Monate unter dem Antrag. Für ihn lag ein "mittelschwerer Fall von Bedrohung eines Polizeibeamten" vor, weil der Angeklagte das Taschenmesser sofort wieder zuklappte. Andernfalls hätte er mit einer schweren Bestrafung rechnen müssen. Die Bewährungszeit beträgt zwei Jahre. Außerdem muss der Verurteilte 80 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Von einer Geldstrafe wurde abgesehen, außerdem müssten seine drei im gemeinsamen Haushalt lebenden Kinder – die sich während des Vorfalls im Sommer nicht in der Wohnung befanden – im Alter von acht, neun und 17 Jahren versorgt werden.