Christof Harr leitete das Orchester des Musiksommers Altensteig, das zusammen mit Florian Uhlig ein beeindruckendes Konzert ablieferte. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Florian Uhlig und das Projektorchester sorgen beim Musiksommer für einen mehr als würdigen Abschluss

Von Maria Kosowska-Németh

Altensteig. Stehende Ovation im Applausmeer, Verwunderung und Ungläubigkeit, dann Glückwünsche und Sektempfang – die Bilanz des finalen Musiksommerkonzerts überstieg alle Erwartungen. Lange noch tauschten die Zuhörer ihre Eindrücke aus, und alle waren sich einig: Sie hatten ein Ausnahme-Konzert erlebt. Ohne wenn und aber.

Als der Musikschulleiter Moritz von Woellwarth im Anbetracht des vollen Hauses "Wir haben das Gefühl, dass der Musiksommer in Altensteig beim Publikum ankommt" bemerkte, drückte er seine bescheidene und leise Zuversicht aus, dass dieses Konzert das Profil des Festivals nachhaltig prägen würde.

Bereits das titanische Beethoven-Programm mit dem 3. Klavierkonzert c-Moll und der "Eroica"-Symphonie kündigte ein besonderes Gewicht des Unterfangens an, die Teilnahme des Pianisten von Welt, Florian Uhlig schraubte die Erwartungen noch höher. Aber dass die Altensteiger Aufführung zu einem sensationellen Erfolg mutieren würde, stand noch in den Sternen.

Nach nur zwei kräftezehrenden Probetagen (auch in Gruppenarbeit mit Renate Harr und Wolfgang Mücke) erschienen Pianist Uhlig, Dirigent Christof Harr und das Orchester des Musiksommers auf der Bühne – Laien neben Berufsinstrumentalisten, Studenten Hand in Hand mit Schülern. Insgesamt 25 Streicher, 14 Bläser und ein Paukist verkörperten die Festival-Grundidee, die hochkarätigen Profis und Musiker aus der Region in gemeinsamer Arbeit zu außergewöhnlichen Leistungen zu bringen.

Eine Klasse für sich zeigte das Orchester bereits im einleitenden, sorgsam phrasierten und vitalen Tutti, nach dem der Pianist problemlos den Musikfluss übernehmen konnte. Im weiteren Verlauf wirkte der konturstarke, geradezu leuchtende Anschlag von Uhlig sowohl im agogischen als auch emotionalen Sinne wegweisend für die Symphoniker, wobei Harr als Dirigent alle Parteien koordinierte und das Klangvolumen zu einer Einheit zusammenschmelzen ließ.

In allen dynamischen Schattierungen und mit wechselhafter, selektiver Artikulation gestaltete Uhlig auch die prächtige Solokadenz, das verträumte Largo bekam im Dialog mit präzisem Holz deutlich romantische Züge. Nach dem virtuosen Rondo, dessen Finale einer frischen Brise mit stürmischem Ausgang glich, spielte der Pianist die heiß geforderte Zugabe-Variation "Rule Britannia" von Ludwig van Beethoven.

Nach der Pause erlaubte sich das Projektorchester auch für die Aufführung von "Eroica" kein Sonderbonus. Weder bei Tempi noch bei dynamischen Konfrontationen machte Harr Abstriche und führte die Instrumentalisten auswendig und mit professioneller Sicherheit von Satz zu Satz.

Schon im einleitenden Allegro con brio webten sie einen sauberen und weichen Klangteppich mit mehreren Tupfern der auf- und abschwellenden Dynamik dermaßen wirkungsvoll, dass das üppige bis massive Klangvolumen ein um einiges größeres Orchester vortäuschte. Agogisch detailliert erklang der Trauermarsch, seine durchsichtige Struktur füllten die Musiker mit emotionsgeladenen Akzenten und erlangten somit den wahren, heroisch-tragischen Charakter.

Selbst für Profis stellt das Scherzo eine gefährliche Stromschnellen-Strecke dar. Hier wagten auch Laien das schwindelerregende Tempo, spielten va banque, doch präzise – und gewannen. Was für eine Leistung!

Nach dieser letzten großen Hürde machte sich die Erleichterung spürbar, keineswegs aber ließ die Konzentration nach, im letzten Satz profitierte das Spiel geradezu von psychischer Entspannung und seine Qualität hielt bis zum letzten Schlussakkord an und reichte locker für den Ungarischen Tanz g-Moll von Johannes Brahms als Zugabe.

Der Altensteiger Musiksommer setzte sich mit diesem Konzert ein frisches Lorbeerenblatt auf sein Haupt.