Ihre anfängliche Scheu legten die jungen Choristen schnell ab. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Christophorus-Kinderchor und Organist Roland Gäfgen gestalten die Altensteiger Stunde der Kirchenmusik

Von Maria Kosowska-Németh

Altensteig. Die Altensteiger Stunde der Kirchenmusik wurde ursprünglich als Orgelvesper konzipiert. Inzwischen nimmt die musikalisch-liturgische Andacht die Züge eines Kirchenkonzerts an. Die Programme werden immer üppiger und lassen sich schwierig in die von den Organisatoren Susanne und Eberhard Schuler-Meybier angepeilte Zeitspanne einschließen.

Auch die jüngste Veranstaltung in der evangelischen Stadtkirche mit dem Christophorus-Kinderchor und dem Organisten Roland Gäfgen aus Renningen sprengte das Zeitlimit. Die jungen Sänger brachten alte und zeitgenössische Werke auf die Bühne, der Organist weidete sich regelrecht an dem klangvollen Instrument und kostete dessen Potenzial in gleich vier Orgelsonaten von Carl Philipp Emanuel Bach aus.

Der erfolgreichste Sohn des großen Johann Sebastian, auch Hamburger oder Berliner Bach genannt, war als Vertreter des so genannten "Empfindsamen Stils" ein vielseitiger, erfolgreicher Komponist und Cembalovirtuose. Deutliche Spuren seiner Vorliebe für Tasteninstrumente hinterließ er auch in den Orgelsonaten. Bezeichnenderweise fehlt hier die Bassstimme, dafür überlässt der Reichtum der kompositorischen Einfälle ein breites Feld für Finger und Eigeninitiative des Interpreten.

Gäfgen brillierte mit technischen Raffinessen, schnellen Passagen und ausgesuchten Verzierungen in allen möglichen Klangkombinationen und dynamischen Nuancen. Aufgrund der fast verschwenderischen Registrierung und notwendiger Wechsel zwischen den Manualen gerieten die vom Komponisten ohnehin zerrissenen Phrasen der schnellen Sätze zeitweise außer Atem, dafür hinterließ Gäfgen in langsamen Sonaten-Mittelteilen ohne überbetonte Agogik seinen improvisatorischen Abdruck als Klangmaler und Entdecker.

Der Auftritt der jüngsten Kantorei-Nachfolger lockte viele Zuhörer an, auch Kantorei-Chef Michael Nonnenmann war zugegen. Anfangs zerstreut im Kirchenraum, betraten die Elf- bis 14-Jährigen bei Unisono-Gesang die Voraltarbühne und schlossen sich ihrem Dirigenten und Piano-Begleiter Wolfgang Weible an. In der Kunst der sauberen, einstimmigen Melismen schon beachtlich fortgeschritten ("Das ist meine Freude" von Dieter Golombek) zeigte sich der verkleinerte Chor als beinahe ebenbürtiger Partner im Dialog mit dem Tenor Eberhard Schuler-Meybier im "Gespräch zwischen Gott und einer gläubigen Seele" des frühbarocken Komponisten Andreas Hammerschmidt.

Mit der Mehrstimmigkeit ("Dir, Jehova will ich singen“ von Johann Sebastian Bach) glückte es anfangs nicht ganz zufriedenstellend – womöglich war das Lampenfieber schuld an scheuer Zurückhaltung –, aber schon im zeitgenössischen, anspruchsvollen "Kyrie" von Jukka Kankainen klangen die Akkorde um vieles reifer, die Kinder zeigten mehr Mut, dadurch kam ihr respektables Können völlig zum Vorschein.

Weible vertraute seinen Choristen auch einige Soli an, und die gut geschulten Stimmen (Stimmbildung: Susanne und Eberhard Schuler-Meybier) bewiesen, dass sich sogar der junge Einzelgesang auch ohne technische Verstärkung durchaus behaupten kann und dass sich der Nachwuchschor dicht an die Fersen der etablierten Christophorus-Kantorei heftet.