Die Schuldfrage des Ehepaars wird vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Calw verhandelt. Foto: Hölle

Zur Strafe Tabak einer vollen Zigarettenschachtel essen müssen. Mädchen in den Arm gebissen.

Altensteig/Calw - Hat ein Vater seinen Sohn mehrmals in der Badewanne mit kaltem Wasser abgeduscht und anschließend verschlagen? Hat seine zweite Frau die jüngere Stieftochter des Öfteren in den Arm gebissen? Fragen wie diese sollen bei einer Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht Calw wegen des Vorwurfs der Kindesmisshandlung geklärt werden. Das angeklagte Ehepaar aus Altensteig wurde von Pflichtverteidigern vertreten.

Vater soll Sohn mit Gürtel verprügelt haben

Für das Verlesen der Anklageschrift brauchte Staatsanwältin Edith Zug über zehn Minuten. Demnach seien die Kinder wiederholt misshandelt worden. Als der Sohn des Angeklagten beispielsweise ungefragt einen Hund mit nach Hause brachte, hätte er sich bis auf die Unterhose ausziehen müssen, sei vom Vater in der Badewanne kalt abgeduscht und mit einem Gürtel so heftig verprügelt worden, dass sich auf dem Körper zahlreiche Blutergüsse abzeichneten.

Der Angeklagte sei bei kleinsten Anlässen ausgerastet, hätte seinen Sohn häufig mit einem Stock auf Hände und Beine geschlagen und einmal ein Wasserglas mit voller Wucht gegen dessen Kopf geschleudert. Seine Ehefrau hätte die Gewalttätigkeiten schließlich nicht mehr ertragen und sei ausgezogen. Ihr Wohnort wird bis heute geheimgehalten.

Vor einigen Jahren hat der Angeklagte zum zweiten Mal geheiratet. Anstatt bei Wutausbrüchen einzugreifen oder Übergriffe zu verhindern, hätte die neue Ehefrau ihren Mann angestachelt, bei den Kindern aus erster Ehe hart durchzugreifen.

Als die beim Rauchen erwischt worden seien, hätte man verlangt, dass sie zur Strafe den Tabak einer vollen Zigarettenschachtel essen. Als der Sohn brechen musste und die Tochter nach Luft rang, sei von ihr der Satz gefallen: "Lass sie sterben".

Angeklagter bestreitet die Vorwürfe

Die neue Ehefrau soll besonders die jüngere Stieftochter drangsaliert haben. Mindestens zehnmal sei das Mädchen in den Arm gebissen worden, sodass blutende Wunden zurückblieben. Während des Mittagessens sei es vorgekommen, dass man bei "unbotmäßigem Verhalten" die Gabel nach ihr geworfen habe. Außerdem hätte die Stiefmutter verlangt, dass die 15-Jährige von der Schule fernbleibt, da man sie daheim für die Erledigung von Putzarbeiten brauche. Als sich die Stieftochter weigerte, sei sie mit einem Stöckelschuh traktiert worden.

Beim letzten Zwischenfall hätte der 49-Jährige mit einem aufgehobenen Stein vor dem Haus auf seinen Sohn eingeschlagen, der daraufhin die Nacht nicht Zuhause verbrachte und nach der Arbeit vergeblich vom Vater gesucht worden sei.

Der Angeklagte bestritt die ihm und seiner Frau zur Last gelegten Behauptungen und nahm zu einigen Vorwürfen Stellung. Er sei ein Hundefreund und hätte seinen Sohn nie geschlagen, sondern nur ermahnt. Verärgert reagierte der Angeklagte, als der Vorfall mit dem unerlaubten Rauchen zur Sprache kam. Dass er die Kinder gezwungen habe, Tabak zu essen, sei gelogen.

Er hätte seinen Sohn auch nicht in der Badewanne mit kaltem Wasser übergossen und verprügelt. Als ihm seine Frau einmal erzählte, dass der Sohn unerlaubt Alkohol getrunken hatte, habe er ihm lediglich eine Ohrfeige verpasst.

Inzwischen lebt die Tochter bei ihrer leiblichen Mutter und der Sohn außer Haus. Die Verhandlung unter Vorsitz von Richter Marco Laxgang wird am kommenden Mittwoch, 8. Juni, mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt. Eventuell wird an diesem Tag auch das Urteil gesprochen.