Versicherungsfachmann Robert Pflüger empfiehlt dringend, sich kompetent und individuell zum Thema Altersvorsorge beraten zu lassen. Foto: Raab

Finanzielle Absicherung: Gesetzliche Rente ist zwar sicher, reicht aber nicht aus. Das Risiko der Altersarmut trifft praktisch jeden.

"Unsere Rente ist sicher", sprach einst Sozialminister Norbert Blüm. "Ja, aber…", sagt der Fachmann. Wir fragten Robert Pflüger, Abteilungsdirektor Vorsorge- und VersicherungsCenter der Sparkasse Lörrach-Rheinfelden, was er empfiehlt.

Herr Pflüger, ist es sinnvoll, privat für das Alter vorzusorgen?

Was für eine Frage! Es ist nicht nur sinnvoll, sondern eine schiere Notwendigkeit! Es gibt nur ganz wenige, die vermögensmäßig so gut gestellt sind, dass sie keine zusätzliche Altersvorsorge treffen müssen. Alle anderen müssen etwas tun.

Wieso? Stimmt denn nicht, was uns Sozialminister Norbert Blüm schon vor Jahrzehnten bezüglich der gesetzlichen Rente versichert hat?

Die gesetzliche Rente ist zweifellos sicher. Aber sie reicht nicht und wird künftig noch weniger reichen. Die durchschnittliche Nettorente beträgt zurzeit 880 Euro monatlich für Männer und 550 Euro für Frauen, Tendenz fallend. Das ist eine sehr bescheidene Grundversorgung, mehr nicht. Wobei nur Lohnabhängige in deren Genuss kommen – anders als etwa bei der Schweizer AHV, wo auch selbständig Erwerbende einbezogen sind.

Man hört und liest aber so viel darüber, dass es heutzutage vorrangig wichtig sei, das Berufsunfähigkeitsrisiko zu versichern…

Ich weiß, und das ist auch einer der seltenen Fälle, wo sich Verbraucherschutzverbände und Versicherungswirtschaft einig sind. Ich persönlich bin aber der Meinung, dass das Thema zu hoch gehängt wird. Klar, wer betroffen ist, für den ist die Berufsunfähigkeitsversicherung ein Segen. Aber global betrachtet ist das Risiko für den Einzelnen, dass es ihn trifft, relativ niedrig. Wenn Sie sich mal umhören: Kaum jemand kennt jemanden, der vorzeitig berufsunfähig wurde. Was aber im Gegensatz dazu praktisch jeden trifft, ist das Risiko der Altersarmut. Das ist doch klar, angesichts von 880 oder 550 Euro Rente im Monat!

Klingt überzeugend. Ihr Rat ist also, unbedingt privat für das Alter vorzusorgen. Und wie am besten? Mit "spare, spare, Häusle baue"?

Das "Spare", jedenfalls auf dem klassischen Sparbuch, ist bei den heutigen Zinsen uninteressant geworden. Das "Häusle baue" entspricht der deutschen – nicht nur der schwäbischen – Mentalität. Und es ist auch nichts dagegen einzuwenden. Ich bin aber für begriffliche Klarheit und dafür, die Dinge auseinanderzuhalten. Der Erwerb einer Immobilie gehört weitestgehend zum Thema Vermögensbildung. Das Thema Altersvorsorge steht auf einem anderen Blatt, und beides hat nicht unbedingt etwas miteinander zu tun.

Aber wieso denn? Wenn ich ein Eigenheim besitze, wohne ich mietfrei; oder wenn ich eine Mietwohnung besitze, habe ich Mieteinnahmen. Das kommt doch im Alter auf’s Gleiche heraus wie eine entsprechend höhere Rente…

Einverstanden. Aber wenn man die Sache nur unter dem Gesichtspunkt der eigenen Altersvorsorge betrachtet – und den Wunsch, den Kindern ein schuldenfreies Häusle zu hinterlassen, mal außen vor lässt – dann ist klar festzustellen, dass es dafür günstigere Möglichkeiten als den Erwerb einer Immobilie gibt. Eine Rente, die gleich hoch ist wie die mit der Immobilie eingenommene, beziehungsweise eingesparte Miete, ist in der Assekuranz bedeutend billiger zu haben. Und bei einer Rente gibt es keine Unterhaltskosten.

Ein interessanter Gesichtspunkt! Das Zauberwort heißt also "Rentenversicherung"?

Genau. Wobei man unterscheiden muss zwischen rein privaten und öffentlich geförderten Rentenversicherungen. Unter den Letzteren ist die betriebliche Altersvorsorge natürlich eine gute Sache. Aber sie kommt ja nur für Lohnabhängige infrage, und nur für solche, deren Arbeitgeber eine entsprechende Lösung bereithalten. Ein anderes öffentlich gefördertes Instrument ist die Rürup-Rente; sie kommt auch für selbständig Erwerbende in Betracht.

Und was empfehlen Sie?

Man muss selbstverständlich jeden Einzelfall genau anschauen. Darum empfehle ich auch dringend, sich von einem ausgewiesenen Fachmann beraten zu lassen. Es ist wirklich zu kompliziert für den Laien. Generell bin ich aber – insofern nicht ganz dem Mainstream folgend – ein Befürworter der fondsgebundenen Rentenversicherung. Und zwar nicht, weil wir die auch verkaufen, sondern weil sie objektiv in den meisten Fällen zu den vorteilhaftesten Lösungen führt.

Fondsgebunden heißt, dass es um Wertpapiere, um Aktien geht?

Ja. Der Gedanke ist zwar diesseits des Atlantiks noch ziemlich vorurteilsbelastet. Aber ich bin überzeugt – und ich bin garantiert kein Zockertyp – : Für junge Menschen, die noch 30 oder mehr Erwerbsjahre vor sich haben, gibt es keine Alternative. Nur so können sie sich den aktuellen Rentenfaktor garantieren lassen und mit relativ geringen Beiträgen eine lebenslange Rente sichern.

Und diese Versicherungsform zielt einzig auf eine Rentenzahlung, nicht auf Vermögensbildung?

Genau. "Nur" eine Rente – aber die lebenslang, egal wie alt Sie werden! Wozu zu sagen ist, dass die eigene Langlebigkeit von den meisten Menschen maßlos unterschätzt wird. Vielleicht werden da die kursierenden Zahlen über die Lebenserwartung missverstanden. "Durchschnittliche Lebenserwartung 83" heißt nämlich: Die Hälfte wird älter, und zum Teil erheblich älter als 83! Das bedeutet auch: Wer allein auf Vermögensbildung statt auch auf Rente setzt, könnte das Nachsehen haben: Was, wenn er feststellen muss: Mein Geld ist weg aber ich bin immer noch da…?  

Seite 2:  Gesetzliche Rente

Umlagefinanziert: Pflichtversicherung für Lohnabhänge, und grundsätzlich nur für diese zugänglich. In der Höhe begrenzt und im Durchschnitt nur als Grundversorgung tauglich. Rentenbeiträge können steuerlich als Sonderausgaben geltend gemacht werden, die bezogene Rente muss versteuert werden.

 Betriebsrente: Sammelbegriff für alle finanziellen Leistungen, die ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses zur Altersversorgung zusagt. Die Ausgestaltung im Einzelnen ist sehr unterschiedlich. Kommt nur für abhängig Beschäftige in Betracht. Volle Besteuerung der Rente.

 Riester-Rente: 2002 eingeführt, nach dem damaligen Arbeits- und Sozialminister Walter Riester benannt. Durch staatliche Zulagen und Ausgabenabzug geförderte, grundsätzlich privat finanzierte Zusatzrente. Grundsätzlich nur für Rentenversicherungspflichtige zugänglich. Bezogene Rente ist voll zu versteuern. Wird als kompliziert und mit vielen Restriktionen behaftet kritisiert.

 Basisrente (Rürup-Rente): Im Jahr 2005 eingeführte, steuerlich begünstigte Form der privaten Altersvorsorge. Nach dem ehemaligen Wirtschaftweisen Bert Rürup benannt. Nicht umlagefinanziert, sondern kapitalgedeckt. Kommt auch für Selbständige in Betracht und ist für sie in vielen Fällen empfehlenswert. Steuerliche Behandlung wie bei der gesetzlichen Rentenversicherung.

 Private Rentenversicherung: Dabei handelt es sich um einen Versicherungsvertrag, der die Auszahlung einer in der Regel lebenslangen Rente gewährleistet. Versichert wird der Erlebensfall der versicherten Person, es ist quasi eine "Wette gegen den Tod". Keine Höhenbegrenzung, flexible Gestaltung möglich, freie Vererbbarkeit. Für abhängig Beschäftigte und Selbständige ist sie gleichermaßen zugänglich und geeignet. Die Beiträge sind nicht steuerlich begünstigt, dafür müssen Renten nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden.

 Rentenfaktor: Mit die wichtigste Rechengröße einer Rentenversicherung. Sie gibt an, welche Höhe eine lebenslange Rente aus einem bestimmten Kapital hat. Den größten Anteil am Rentenfaktor hat die durchschnittliche Lebenserwartung, welche über Statistiken (Sterbetafeln) ermittelt wird. Da die Lebenserwartung kontinuierlich steigt, wird zwangsläufig der Rentenfaktor in Zukunft absinken. Bedeutet: Gleiches Kapital – geringere Rente. Daher ist es unerlässlich, sich die heutigen Rentenfaktoren garantieren zu lassen.