Sanfte Stimme, eindrückliche Botschaft: Pfarrerin Ilze Druvina Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder-Bote

OrgelPunkt12: Pfarrerin Ilze Druvina und Kantor Steffen Mark Schwarz verschaffen Zuhörern eine Atempause

Von Karina Eyrich

Eine Auszeit vom Alltag in der kühlen Martinskirche sollen sie sein, die vier "OrgelPunkt12"-Termine immer freitags zur Mittagsstunde – eine Auszeit auch für den Kopf. Musik wäscht die Alltagssorgen weg und schafft Raum für gedankliche Impulse.

Albstadt-Ebingen. Mit einem selbstbewussten Stück auf der Rensch-Orgel malt Steffen Mark Schwarz den Kontrast zum warmen, leichten Sommertag draußen. "Vater unser im Himmelreich" in Moll: kräftig, satt, mit verspieltem Tremolo verziert – ein musikalisches Ausrufezeichen ist die Choralbearbeitung von Georg Böhm, und sie endet, passend zum Wetter, in Dur. Auf den letzten Drücker.

Auch die Atmosphäre ist in Dur gestimmt bei der ersten "OrgelPunk12"-Veranstaltung in diesem Jahr, und Pfarrerin Ilze Druvina lässt ihr Raum, sich zu entfalten. Stille – eine Minute nur oder anderthalb. Und doch eine gefühlte kleine Ewigkeit, wie die Menschen sie heute nicht mehr gewohnt sind. Da passiert etwas im Kopf.

Impulse dafür liefert die Pfarrerin mit der sanften Stimme mit ihren Texten: Psalm 73 hat sie ausgewählt. "Du bist doch, Gott, allzeit meines Herzens Trost und mein Teil." Um Anfechtung und Trost beim Glück des Gottlosen geht es darin, um einen Menschen, der mit Gott hadert, weil er "erlebt, dass es den Gottlosen gut geht, ihm aber nicht". Hans Manz hat dazu einen Dialog verfasst, den Druvina und Schwarz abwechselnd vom Altarraum und der Empore vortragen – mit wichtigen Fragen: "Könntest du notfalls das letzte Hemd vom Leib weggeben? Dich eher in Stücke reißen lassen, als ein Geheimnis verraten? Lieber schwarz werden als jemanden im Stich lasen? Pferde stehlen oder durchs Feuer gehen? Auch für mich? Dann bist du mein Freund." Doch der Text macht noch etwas Anderes deutlich: Ein Freund kann auch sein, wer nicht das letzte Hemd hergibt, sich nicht immer in Stücke reißen lässt, nicht in jedem Fall Pferde stiehlt und durchs Feuer geht. Die Botschaft passt so recht zum Ende einer Arbeitswoche, die für manchen der Zuhörer hart gewesen sein mag. Was will sie sagen? Dass nicht nur Mitarbeiter, die schuften bis zum Umfallen und sich dabei selbst vergessen, wertvoll sind für einen Betrieb, sondern auch jene, die mit sich selbst achtsam sind – auch und gerade deshalb, weil sie sich nicht verausgaben, bis sie nichts mehr zu geben haben.

In ihrer ganzen Farbbrillanz strahlen die lichtdurchfluteten Kirchenfenster. Zwei Kerzen, wie gemalt, korrespondieren mit den beiden Wandleuchtern auf jeder Seite des Altarraumes. Sie spenden warmes Licht – und tun es damit den Worten der Pfarrerin gleich.

So klar und eindrücklich wie diese Botschaft, so turbulent ist das abschließende Orgelstück, eine Improvisation von Steffen Mark Schwarz über das Wochenlied "Wach auf, du Geist der ersten Zeugen" – diesmal mit fröhlichem Unterton. Denn das Stück soll auch eine Brücke sein, zurück in den Alltag an diesem warmen, leichten Sommertag, der nach diesem Urlaubsintermezzo für Geist und Seele noch ein bisschen leichter wird.

  OrgelPunk12 beginnt jeden Freitag im Juli um 12 Uhr in der Martinskirche. Am heutigen 8. Juli und am 22. Juli trägt Prädikantin Sabine Kemmler Texte zur Musik von Steffen Mark Schwarz vor, am 15. Juli noch einmal Pfarrerin Ilze Druvina. Der Eintritt ist frei. Menschen jeden Glaubens sind willkommen.