Gab der IHK in Tailfingen die Ehre: Landesumweltminister Franz Untersteller. Foto: Retter Foto: Schwarzwälder-Bote

Energiepolitik: Umweltminister Franz Untersteller sprach beim IHK-Forum Energieeffizienz in Tailfingen

Zum zweiten Mal war der grüne Landesumweltminister Franz Untersteller Gastredner bei einem Forum Energieeffizienz der IHK im Zollernalbkreis – diesmal nicht in Balingen, sondern in Tailfingen. Es ging um Energiepolitik und Energiewende.

Albstadt-Tailfingen. Beim ersten Forumsauftritt Unterstellers – Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp erinnerte daran – hatte der Supergau von Fukushima ein Dreivierteljahr zurückgelegen. Seither ist einiges passiert: Von damals 17 deutschen Atomkraftwerken sind noch acht in Betrieb; 2022 soll mit Neckarwestheim II das letzte vom Netz gehen. "Die Beschlüsse zum Atomausstieg sind gefällt; da gibt es auch kein Zurück mehr!" Die Gäste der gut besuchten IHK-Veranstaltung bekamen an diesem Abend einige deutliche Worte vom Minister zu hören – nicht alle dürften ihnen gefallen haben.

Eher schon die von Landrat Günther-Martin Pauli, der den Zollernalbkreis und seine Unternehmen in Sachen Energiewende als vorbildlich bezeichnete. Die Ziele für 2020 seien schon jetzt beinahe erreicht; es sei zu hoffen, dass Bürger, Gemeinden und Wirtschaft sich weiterhin so engagierten wie bisher.

"Die Wirtschaft wird dekarbonisiert"

"Wer aussteigt, muss ein klares und machbares Einstiegskonzept haben! Das vermissen wir nach wie vor", formulierte Epp stellvertretend für die Unternehmen. Drei Forderungen richte man an die Landesregierung: international konkurrenzfähige Strompreise, eine sichere Stromversorgung und den Ausbau der Netze. Untersteller verwies im Gegenzug darauf, dass nach der überraschenden Verständigung des Pariser Klimagipfels auf gemeinsame verpflichtende Ziele auch auf die Industrienationen – mithin auf Deutschland – beträchtliche Herausforderungen zukämen. "Bis zur Mitte des Jahrhunderts müssen die Emissionen um 80 bis 95 Prozent reduziert werden. Das bedeutet nichts anderes als die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft."

Also raus aus Öl und Kohle – Baden-Württemberg, so Untersteller, strebe eine Ausstiegsstrategie nach dem Vorbild des Atomkonsenses von 2002 an. "Viele der Anlagen gehen ohnehin in den nächsten Jahren wegen Überalterung aus dem Markt. Das kann eine Chance sein, auf erneuerbare Energiequellen umzusteigen." Kohle passe sowieso nicht mehr in eine Zeit, in der es auf Schnelligkeit und Flexibilität ankomme: "Was will ich mit einem Braunkohlekraftwerk, das vier Tage braucht, ehe es die angefragte Energie zur Verfügung stellen kann?"

Untersteller brach auch eine Lanze für das sogenannte Kapazitätsmarktprinzip im Stromhandel, bei dem nicht verbrauchter Strom, sondern die bereitgestellte Kapazität honoriert werde. "Die Industrie hat den gegenteiligen Kurs gestützt – ein kapitaler Fehler!" Der Versorgungssicherheit könne ein Kapazitätsmarktmodell nur dienlich sein, denn es beflügle Investitionen in moderne Energieerzeugung. Für die Sicherstellung der Energieversorgung hält der Minister Offshore-Windparks nach wie vor für unentbehrlich, desgleichen eine Nord-Süd-Stromtrasse: 80 Terrawattstunden verbrauche Baden-Württemberg im Jahr, erzeuge aber nur 59.

"Den Betrieben geht es gut – jammern Sie nicht!"

Ansonsten: Mehr Windkraft, mehr Solarenergie – das schwebt dem Minister fürs Ländle vor: Dass sich Photovoltaik nicht lohne, stimme nicht mehr. Die Wirtschaft fordert er auf, sich ebenfalls zu engagieren, etwa im Bereich Kraft-Wärme-Kopplung. Beschweren, findet Untersteller, könnten die Unternehmer sich ohnehin nicht: "Den energieintensiven Betrieben in Deutschland geht es so gut wie noch nie. Es sei ihnen gegönnt – aber bitte nicht jammern!" Für die von Epp angeregte Rücknahme von gesetzlichen Auflagen ist der Minister daher nicht zu haben. "Ich kann Sie da nicht rauslassen."

Sein Fazit: "Die Energiewende ist noch lange nicht geschafft, aber wir haben in den vergangenen fünf Jahren einiges ganz gut hinbekommen. Ich mache das für meine Kinder – und das sollten Sie auch. Es lohnt sich."