Renate Musat erfüllt sich einen Traum / Das vierte Ventil ist eingefroren / "Auf dem Closet"

Von Beatrix Müller

Albstadt-Ebingen/Lautlingen. Die berühmten Streichquartette mit dem Hohenzollern-Quartett sind ein Höhepunkt zum Ende Jubiläumsjahres, die Verwirklichung eines Traums von Renate Musat und Start einer Reihe von Kammermusik-Workshops.

Beim Kammermusik-Workshop betört ein bunter Mix aus Streichern aller Generationen mit "akustischen Täuschungen" und mit Tönen, die "nicht einwandfrei passen dürfen". Renate Musat selbst ist Teil des Hohenzollern-Quartetts, ihre Kollegen sind Eva Maria Benzing-Edinger aus Reutlingen an der Violine; Achim Braun aus Hechingen an der Viola und Ellen Winkel-Lim aus Reutlingen am Violloncello. Die Musikschüler, die sich in der Musik- und Kunstschule Albstadt kennengelernt haben, haben – in Ensembles eingeteilt – klangvolle Werke erarbeitet: Joseph Haydns "Kaiser-Quartett" und Paul Hindemiths "Minimax". Nach der Werkanalyse wird im Workshop die Frage erörtert, was "Interpretation" bedeutet und wie sich stilistische Unterschiede mit technischen Mitteln erarbeiten lassen. Bis hin zur mentalen und körperlichen Vorbereitung auf den Auftritt. Auch die Regeln des Quartettspiels sind Thema, ehe die Musiker zu den Proben übergehen.

Dann geht die Fahrt zur Einspielprobe ins Lautlinger Schloss. Für viele der Kinder und Jugendlichen ist das sehr beeindruckend, ist es doch für viele ihr erster Auftritt in einem Schloss.

Im Schlosssaal bringen 22 Streicher das "Kaiserquartett" op. 76 Nr.3 in C-Dur zu Gehör, besser bekannt als Melodie der deutschen Nationalhymne. Dabei sind die Musiker laut Renate Musat sehr gefordert. Ihre Moderation liefert Hintergründe, und die Zuhörer erfahren, dass Haydns Lied "Gott erhalte Franz den Kaiser" zuerst als Klavierlied und erst später als Orchesterfassung zum Geburtstag des Kaisers gespielt wurde. Der dritte Satz hingegen ist ein heiteres, tänzerisches Menuett, ein Allegro in a-moll, das sich zum Ende hin in A-Dur verwandelt. Der vierte Satz Finale wirkt wild und aufgeregt und endet mit dem Thema in C-Dur.

Hindemith Komposition "Minimax" zeugt von einer überschäumenden Lust an der Parodie, teils auch mit derbem Humor. Es wurde erstmals 1923 bei den Donaueschinger Kammertagen aufgeführt. So ist der erste Satz – Armeemarsch 606 "Hohenfürstenberger" – eine Parodie auf den Hohenfriedberger Marsch. Das Cello übernimmt die Rolle des Kaiserbasses, dessen viertes Ventil eingefroren ist. Das Ergebnis ist verblüffend: der Klang einer Militärkapelle. Der zweite Satz ist eine Paraphrase, der dritte Satz für zwei entfernte Trompeten enthält den Vermerk "der zweite Geiger stellt sich mit dem Bratscher aufs Closet oder sonst wo.." und der sechste Satz, eine Parodie auf den deutschen Militärmarsch, macht es weitgehend unmöglich, im Gleichschritt zu marschieren.

Alle Musiker meistern sämtliche Herausforderung mit Bravour. Zur Überraschung der Streicher selbst hat beim Konzert "plötzlich alles harmoniert – es war leichter als wir dachten". So bedanken sich die Musiker bei Renate Musat für die schöne und außergewöhnliche Erfahrung.