So soll sie aussehen, die künftige "Technologiefabrik" in Tailfingen. Man sieht sie rechts – und links den Hintereingang der Technologiewerkstatt. Foto: Stadt Albstadt

Stadt kauft frühere Firma E+H Conzelmann und baut sie in "Technologiefabrik" für Gründer um.

Albstadt-Tailfingen - Der Albstädter Gemeinderat hat gestern einstimmig den Bau einer "Technologiefabrik" in Tailfingen samt dem Kauf des dafür benötigten Gebäudes beschlossen. Die Immobilie kostet knapp 700. 000 Euro, ihr Umbau weitere 970. 000 Euro.

Die Nachfrage hatte alle Erwartungen übertroffen: 15 Monate nach ihrer Eröffnung war die Tailfinger Technologiewerkstatt voll belegt; inzwischen wurden im Gründerzentrum an die 40 Arbeitsplätze geschaffen – Tendenz steigend. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die erfolgreichen "Startups" in Albstadt bleiben und expandieren können – und dass sie nicht vorher nach Berlin oder Hamburg abgeworben werden. Das Phänomen ist Sportfreunden bestens bekannt: Ein Verein hat eine vielversprechende Jugendmannschaft aufgebaut und möchte nun die Früchte ernten, doch da erscheint die höherklassige und solventere Konkurrenz am Spielfeldrand, wedelt mit den Geldscheinen – und schon ist die goldene Zukunft vorbei.

Diesen Lockungen muss Albstadt etwas entgegensetzen, wenn es nicht um die Früchte seiner Anstrengungen betrogen werden will. Damit geraten die Stadtväter aber derzeit in einen Zielkonflikt: Die jungen Existenzgründer sollten theoretisch spätestens nach fünf Jahren flügge sein und die Technologiewerkstatt verlassen, damit sie den Brutkasten nicht blockieren und neue Gründer einziehen können. Das ist die Theorie – faktisch stehen die Nachwuchsunternehmer zu diesem Zeitpunkt aber möglicherweise noch auf wackligen Beinen, besitzen zwar eine gute Geschäftsidee und kreative Mitarbeiter, jedoch kein Kapital – und sind entsprechend anfällig für Berliner Sirenengesang. Wenn sie bleiben sollen, müssen sie weiter gefördert werden.

Das neue Domizil liegt auf der anderen Hofseite

Für die Stadt Albstadt bedeutet das: Sie muss, wenn sie langfristig Kapital aus der Investition Technologiewerkstatt schlagen möchte, nachlegen und einen ähnlich strukturierten "Lebensraum" für IT-Existenzgründer anbieten. Da kam der Umstand, dass in direkter Nachbarschaft, in der Pfeffinger Straße, ein Gebäude der Firma E+H Conzelmann zu haben war, als Geschenk des Himmels: Die Gründer müssen nur über den Hof ziehen; sie kommen also auch künftig in den Genuss der Stallwärme im alten Biotop – die Vertreibung aus dem Paradies findet nicht statt.

Das Platzangebot im neuen Domizil wird größer ausfallen als das der Technologiewerkstatt – die Nutzfläche dürfte rund 1200 Quadratmeter betragen, von denen 770 den "Startups" und "Spinoffs" zur Verfügung stehen. Knapp 150 Quadratmeter belegt das Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut (NMI) der Uni Tübingen, das "Advanced Materials", zukunftsträchtige Werkstoffe, erforscht, etwas 300 Quadratmeter benötigen "Fab Lab" und "Living Lab". Im "Fab Lab" findet der Informatiker 3D-Drucker, Laser-Cutter und Lötstation, die er für den Brückenschlag zwischen seinen Algorithmen und der praktischen Anwendung – das neue Schlagwort lautet "Internet der Dinge" – braucht. Auch Schüler können hier erste technologische Gehversuche machen. Das "Living Lab" ist ein Informationszentrum in Sachen Digitalisierung, in dem die vor der Herausforderung "Industrie 4.0" stehende heimische Industrie die jungen Visionäre treffen kann, die ihr als Lotsen auf dem Weg dienen sollen. Das nämlich kann Albstadt eher bieten als Berlin: die konkrete Anwendungsmöglichkeit gleich um die Ecke.

Kosten lässt sich die Stadt diese Form der Wirtschaftsförderung rund 900 000 Euro – die Stuttgarter Förderzusage über 750. 000 Euro, die im August eintraf, machte den Gemeinderäten die Zustimmung am Donnerstagabend leicht. Der Grundstückskauf soll noch in diesem Jahr erfolgen, der Umbau im Frühjahr 2018 beginnen und Mitte 2019 abgeschlossen sein.