Eine Offenbarung am Klavier: Michael Wendeberg brillierte mit Werken der großen Meister. Foto: Schwarzwälder-Bote

Michael und Brigitte Wendeberg mit den Orchesterfreunden machen Albstadt ein Geschenk

Von Karina Eyrich

Albstadt-Ebingen. Vier Zugaben – vorher mochte das Publikum Michael Wendeberg nicht vom Klavier weichen lassen. Dabei warteten doch auch vor und nach seinen Soli noch Sahnhäubchen.

Wenn Mutter und Sohn eine Festhalle füllen, dann müssen sie Wendeberg heißen – zumindest in Albstadt. Es war ein Meisterkonzert, mit dem Kirchenmusikdirektorin Brigitte Wendeberg mit den Orchesterfreunden Albstadt und ihr Sohn Michael Wendeberg am Klavier das Albstädter Publikum am Sonntag Abend verwöhnten. Was bei weitem nicht nur am Programm lag.

Mozarts Ouvertüre "La clemenza di Tito" KV 621 zu Anfang und seine berühmte Sinfonie Nr. 40, g-moll, KV 550 zum Schluss präsentierten die Orchesterfreunde als homogener, geschlossener Klangkörper, den die Dirigentin mit Verve leitete.

Wie nahtlos Brigitte Wendeberg die Instrumente herein holt und die einzelnen Stimmen zu einem harmonischen Ganzen formt, spricht für ihr großes Feingefühl und die Disziplin der Instrumentalisten. Zwar spielen die Streicher kraftvoll und dominant, wie etwa im dritten Satz der Sinfonie, dem dymnamischen Menuetto Allegretto, und im vierten Satz, dem temperamentvollen Allegro assai; zwar schwingen sich Oboe, Querflöte und Klarinette immer wieder voller Leichtigkeit empor – am Ende jedoch bleibt beim Zuhörer der Eindruck eines harmonischen, ausgereiften Zusammenspiels der Orchesterfreunde, die nicht nur eine beeindruckende Geschichte, sondern mit ihren jungen Talenten auch eine gute Zukunft haben.

Über den Status eines Talents ist Michael Wendeberg seit langem hinaus. Der Pianist und Dirigent hat internationale Wettbewerbe gewonnen, mit berühmten Kollegen wie Daniel Barenboim und Sir Simon Rattle gearbeitet, ist inzwischen Kapellmeister und Stellvertretender Musikdirektor am Luzerner Theater und musikalischer Leiter des Genfer Ensembles Contrechamps.

Kaskadengleich lässt der Pianist die Töne perlen

Entsprechend souverän agiert Michael Wendeberg am Klavier auch bei anspruchsvollsten Werken wie Ludwig van Beethovens Kavierkonzert Nr. 2 B-Dur, Op. 19, das er einem genießerisch lauschenden Publikum zusammen mit den Orchesterfreunden präsentierte. Kaskadengleich lässt er die Töne perlen, lässt sich mal von Streichern und Bläsern tragen, um dann wieder hervorzutreten mit brillantem, dynamischen Spiel quer über die ganze Tonleiter. Dabei lächelt er und lässt seine Finger scheinbar mühelos tanzen, so als sei Klavierspielen auf diesem Niveau die einfachste Sache der Welt.

Bemerkenswert ist es schon, wie es sowohl ihm als auch dem Orchester gelingt, ihren Instrumenten selbst in den sehr leisen Passagen runde, kraftvolle Töne zu entlocken.

Richtig ausleben darf sich Michael Wendeberg freilich auch: Gleich vier Zugaben spielt der Pianist solo, mit denen er seine ganze Leidenschaft, seine ganze Souveränität zeigt: ein verträumter Schubert, ein lustvoller Liszt, ein leidenschaftlicher Beethoven und ein ausdrucksstarker, temperamentvoller Rachmaninow, bei dem sich Wendeberg ganz versenkt in sein Spiel und den die Zuhörer mit stehendem Applaus kommentieren.

So strahlend wie Brigitte und Michael Wendeberg nach dem Konzert und einem wahren Applaussturm die Bühne verlassen, so strahlend gehen am Ende auch die Zuhörer nach Hause: Mutter und Sohn haben Albstadt einmal mehr ein Geschenk gemacht – hoffentlich folgen noch viele.