Konstantin Schönleber vor dem "Teeturm" des Lautlinger Schlosses – der junge Claus von Stauffenberg pflegte sich hierhin zurückzuziehen, um zu lesen. Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder-Bote

Geschichte: Konstantin Schönleber führt Schüler durch das Stauffenberg-Museum

Konstantin Schönleber wandelt regelmäßig auf den Spuren von Claus Schenk Graf von Stauffenberg – buchstäblich: Als Jugend-Guide führt er Schülergruppen durchs Museum im Lautlinger Schloss, in dem der Hitler-Attentäter gelebt hat.

Albstadt-Lautlingen. Seit bald einem Jahr ist Konstantin Schönleber Führer in der Stauffenberg-Gedenkstätte. Der 17-jährige, der zurzeit Jura an der Universität Tübingen studiert und auch schon "Cicerone" im Stuttgarter Haus der Geschichte" war, interessiert sich bereits für die Historie, seit er als Kind ein Sachbuch über das alte Ägypten geschenkt bekam. "Ursprünglich hat mich der Nationalsozialismus gar nicht so gereizt; ich hatte den Eindruck, das Thema sei ausgelutscht", erzählt Schönleber. Doch dann habe ihn sein Geschichtslehrer darauf aufmerksam gemacht, was direkt vor seiner Haustür geschehen war: Die Familie des Hitler-Attentäters Stauffenberg hatte ihren Sommersitz in Lautlingen – und in Bisingen hatten die Nazis 1944 ein Konzentrationslager zum Schieferabbau eingerichtet; die Spuren der Barbarei sind dort bis heute sichtbar. Ein Weg, auf dem die Häftlinge von den Baracken zur Arbeit gingen, heißt nach wie vor "Zebrawegle", weiß Schönleber – wegen der gestreiften Häftlingsuniformen.

Ein Nationalist mit Gerechtigkeitssinn

"Stauffenberg ist für mich eine widersprüchliche Gestalt", sagt Schönleber. "Einerseits war er ein überzeugter Nationalist mit einer suprematistischen Weltanschauung, er gehörte dem reichsmythizistischen Kreis um den Dichter Stefan Georges an." Andererseits habe er einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn gehabt. Dieser habe ihn vermutlich – zusammen mit anderen Faktoren – dazu getrieben, Front gegen die braunen Machthaber zu machen.

Sich gegen Adolf Hitler, "den Führer", zu stellen war auch in Wehrmachtskreisen keine Kleinigkeit. Zwar sei Kritik an der NS-Führung im Militär leichtfertiger ausgetauscht worden als in der Zivilbevölkerung, meint Schönleber. Aber ein Staatsstreich war ein überaus gefährliches Unterfangen, in das nur ein kleiner Kreis von Vertrauten eingeweiht werden konnte. "Um zu verstehen, wie radikal der Entschluss Stauffenbergs war, darf man auch nicht vergessen, dass er persönlich von der Politik der Nazis profitiert hat. Hätten diese die Wehrmacht nicht so massiv vergrößert und aufgerüstet, hätte Stauffenberg nie so schnell Karriere machen können."

Als mögliche Ursachen von Stauffenbergs Gesinnungswechsel führt Schönleber eine Reihe von Erlebnissen ins Feld: die schwere Verwundung, die er bei einem Tieffliegerangriff in Tunesien erlitt, die Erfahrung mit der brutalen Besatzungspolitik im von der Wehrmacht besetzten Osteuropa – und die Erkenntnis, das der Krieg verloren war.

Schönleber hat sich intensiv mit den Protagonisten des 20. Juli auseinandergesetzt und sich ein fundiertes Urteil über Claus Schenk Graf von Stauffenberg gebildet: "Sicher war er ein widersprüchlicher Charakter und hat sich zumindest zeitweise mit der nationalsozialistischen Ideologie identifiziert. Ich bin kein Freund von Heroenkulten, und gerade Stauffenberg war kein Held ohne Fehl und Tadel. Aber man kann ihn dafür respektieren, dass er sich trotz seiner anfänglichen Zustimmung zum Widerstand entschloss, als er bemerkte, was für einem verbrecherischen Regime er diente."

  Konstantin Schönleber bietet am Sonntag, 26. März, um 14.30 Uhr eine Führung durch die Gedenkstätte im Stauffenberg-Schloss an. Führung und Eintritt sind kostenfrei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.