Oberbürgermeister Klaus Konzelmann nahm die Abiturienten vor dem Rathaus in Empfang. Fotos: Fischer Foto: Schwarzwälder-Bote

28 Senioren kommen in Ebingen zusammen / Vor 60 Jahren haben sie in der Stadt ihr Abitur gemacht

Von Judith Fischer

Albstadt-Ebingen. 1955 legten 28 Schüler ihre Reifeprüfung am Ebinger Gymnasium ab. Was ist aus den jungen Leuten von damals geworden? Am Wochenende trafen sie sich in Ebingen wieder und schwelgten in alten (Schul-)Zeiten.

Zweieinhalb Monate ist es her, dass 107 Abiturienten ihre Schulzeit am Gymnasium Ebingen beendeten und ins Leben entlassen wurden: Voller Pläne oder Ungewissheit, gespannt, was das Leben ihnen bringen wird.

"Damals war das noch etwas, wenn man Abitur hatte"

An diese Lebensphase erinnern sich die Senioren noch gut. Sie haben vor 60 Jahren ihr Abitur auch am Ebinger Gymnasium abgelegt. An diesem Wochenende treffen sie sich wieder. Von den ehemals 28 Klassenkameraden sind sieben mittlerweile gestorben. Die ältesten Teilnehmer des Abiturtreffens sind 80 Jahre alt.

Als sie sich im "Intermezzo" wieder sehen, merkt man nichts von den vielen Jahren, die seit dem Abitur vergangen sind. Die Rentner tauschen Umarmungen und Handschläge aus, erkundigen sich nach der Gesundheit und werfen sich Sticheleien zu. Dann beginnen sie zu erzählen, wie es war, in den 1940er-Jahren zur Schule zu gehen.

"Damals war das noch etwas, wenn man Abitur hatte", erklärt einer. "Ihr seid eine Minderheit in Deutschland – die Elite", habe man ihnen immer eingeschärft. "Aber wir waren nur eine Minderheit, denn wir waren übel." Erinnerungen an alte "Lausbuben-Streiche" aus der "Feuerzangenbowlen-Romantik" kommen auf und sorgen noch immer für Gelächter: Türklinken wurden abmontiert, Lehrer mit nassen Tafelschwämmen beworfen, Wettrutschen auf Stühlen durchs Klassenzimmer veranstaltet und Lehrerautos zwischen Bäume gehievt. "Manche Lehrer haben wir bis in die Klapsmühle geärgert", meint ein Klassenkamerad. Dafür schäme er sich heute noch. Die Streiche seien aber eine Art Ventil gewesen, denn sonst sei die Schule damals sehr autoritär gewesen.

Von den Lehrern verprügelt zu werden, war völlig normal. Die Senioren erinnern sich an einen Zeichenlehrer, der alle Jungen in einer Reihe antreten ließ. Anschließend ging er mit dem Vierkantholz um und schlug jedem auf die Handflächen. Das habe ganz schön gezogen. Der Lehrer sei aber trotzdem gut gewesen. "Schon als Klasse waren wir undiszipliniert. Das hat sich bis heute nicht geändert."

Auch sonst war damals vieles anders, als es die jetzigen Abiturienten erleben dürfen. "Eine Brezel hat damals nur 50 Pfennig gekostet. Trotzdem war das sehr viel Geld." Es seien harte Zeiten gewesen, die Familien bettelarm. Einige hätten sich nicht einmal die Schulbücher leisten können.

Schon der Weg zur Schule sei oft beschwerlich gewesen. Ein ehemaliger Gymnasiast berichtet, wie er als Zwölfjähriger jeden Tag nach der Schule zurück nach Meßstetten wandern musste. Einen Bus gab es damals nicht. Normalerweise war er deshalb jeden Tag eineinhalb Stunden unterwegs. 1947 war aber ein besonders strenger Winter. Als die Kinder den ungebahnten Hang nach Meßstetten hochstiegen, sanken sie bis zur Hüfte im Schnee ein. Den gesamten Nachmittag brauchten die Schüler für die 8,5 Kilometer. "Das versteht heute kein Schüler mehr", meint der Senior.

17 der Abiturienten sind dem Schwabenland treu geblieben.

Und wie ging es nach dem Abitur weiter? Schon bei der Abiturfeier beschlossen die Klassenkameraden, sich in 45 Jahren wieder zu treffen. In der Zwischenzeit wurden sie beispielsweise Hochschulprofessoren, Juristen, Ärzte und Unternehmer. "Aus allen ist etwas geworden. Alle wurden gebraucht." Das Leben, die Liebe und der Beruf verteilten sie von Nordrhein-Westfalen bis Paris. 17 blieben aber dem Schwabenland treu.

Dieses ist nun schon das 14. Abiturtreffen, und weil es gleichzeitig das 60. Jahr nach dem Abitur ist, finden sich alle in Albstadt ein.

Am Freitag nahm sich Oberbürgermeister Klaus Konzelmann die Zeit, die Senioren zu begrüßen.