Wilhelm Heinz im Cockpit seiner Mustang – die Aufschrift verweist auf ein Jubiläum: Die "Louisiana Kid" wird 2014 70 Jahre alt. Foto: Heinz/Kistner

Jahre nach dem Abschied beerbt eine "Mustang" auf dem Flugplatz Degerfeld die "Rote 7".

Albstadt-Tailfingen - Die "Rote 7" genannte Me 109, einstiger Stolz des LSV Degerfeld, hat eine würdige Nachfolgerin bekommen: Beim Flugplatzfest am kommenden Wochenende wird Wilhelm Heinz’ P51 Mustang, ein anderer legendärer Weltkriegsjäger, starten.

Die "Rote 7", eines von nur drei flugtüchtigen Exemplaren des berühmten deutschen Jagdflugzeugs Me 109, ist nach diversen Wechselfällen schon vor Jahren von der Alb nach Bayern abgewandert, aus der "Messerschmitt vom Degerfeld" die "Messerschmitt von Manching" geworden. Doch Flugkapitän Wilhelm Heinz, einer der vier Väter der "Roten 7" hat mittlerweile ein Flugzeug erworben, dessen Nimbus dem der Me 109 durchaus vergleichbar ist: Neben der britischen "Spitfire" ist die amerikanische "Mustang" der andere legendäre Jäger der Alliierten, der Messerschmitts und Focke-Wulfs im Zweiten Weltkrieg Paroli bot. Eine Maschine dieses Typs steht seit 2013 auf dem Degerfeld.

Von der P51 Mustang sind wesentlich mehr flugtüchtige Exemplare erhalten als von der Me 109, schätzungsweise an die 200 – das hat den einfachen Grund, dass die Sieger nach dem Zweiten Weltkrieg zwar die gegnerischen Waffen systematisch verschrotteten, nicht aber die eigenen. Die "Mustang" gehörte jedoch ziemlich bald nach Kriegsende zum alten Eisen; ausgediente Maschinen wurden entweder an Drittweltländer verkauft oder auf riesigen Rüstungsfriedhöfen geparkt, wo sie als Ersatzteillager dienten. Ende der 50er Jahre leistete sich die Air Force den Luxus, Restbestände für 1000 Dollar das Stück – betankt wohlgemerkt – zu verscherbeln; viele der Käufer schlugen nur wegen des Sprits zu oder um Rennboote mit den bärenstarken Rolls-Royce-Motoren zu pimpen. Wilhelm Heinz wirkt, wenn er davon erzählt, leicht indigniert von soviel Lieblosigkeit.

Diese Zeit, in der die "Mustang" kein modernes Flugzeug mehr, aber noch kein Oldtimer war, ging jedoch vorüber: In den 60er Jahren entdeckten Flugzeugliebhaber sie wieder, kauften auf, was noch übrig und einigermaßen intakt war, und veräußerten die instandgesetzten Maschinen an Leute, die sie zu schätzen wussten. Einer davon war Don Weber aus Baton Rouge in Louisiana: Vier Jahrzehnte lang besaß und flog er eine "Mustang", die Mitte der 1960er aus Ersatzteilen zusammengebaut worden war und die Zulassung einer zuvor abgestürzten Maschine erhalten hatte. Sie war gewissermaßen fabrikneu, denn keines ihrer Teile war seit der Produktion im Jahre 1944 verwendet worden.

Don Weber ist mittlerweile hoch in den Siebzigern; im September 2012 beschloss er, das Fliegen altershalber bleiben zu lassen, und stellte seine "Mustang" ins Internet. Dort entdeckte sie Wilhelm Heinz, griff sofort zum Telefonhörer und wurde mit Weber handelseinig, nachdem er per Telefonkonferenz das Einverständnis von Frau und Söhnen eingeholt hatte. Wieviel er zahlte, bleibt sein Geheimnis – doch es war, soviel sagt er, weder ein Schnäppchen- noch ein Wucherpreis: Von anderen Anbietern hätte Weber mehr bekommen, aber er hatte Heinz bereits seine Zusage gegeben, und bei der blieb er. Da der Senior seine Lizenz bereits abgegeben hatte, musste Heinz auf einen Testflug verzichten. Er sah sich nur den laufenden Motor an und verließ sich darauf, dass sein Geschäftspartner ein Ehrenmann war. Zu Recht!

Weihnachtsgeschenk kam im Januar

Wie transportiert man eine 68 Jahre alte Mustang von Louisiana nach Albstadt? Fliegen? Ausgeschlossen. Über Neujahr 2013 reisten Wilhelm Heinz’ Söhne Frank, Jochen und Andreas nach Louisiana, zerlegten Don Webers gutes Stück und verstauten Tragfläche, Propeller, Öl-Leitwerk und Rumpf separat in einem 40-Fuß-High-Cube-Container. Der wurde von New Orleans nach Bremerhaven verschickt, kam von dort ins Zolllager in Neu-Ulm und wurde dann aufs Degerfeld transportiert. Zwei Stunden gab man Familie Heinz Zeit, ihr verspätetes Weihnachtsgeschenk auszupacken, anderthalb brauchte sie. "Das lag an der Vorarbeit. Die Jungs haben mit Verstand gepackt", sagt Wilhelm Heinz stolz.

Der Name sollte so zivil wie nur möglich sein

Die folgenden Wochen waren arbeitsreich. Zusammengebaut war die Mustang schnell; danach wurde sie instandgesetzt und generalüberholt. Einige Stellen wurden umgespritzt, und einen Namen bekam das Baby auch, nämlich "Louisiana Kid". "Andere Leute nennen solche Flugzeuge ›Six-Shooter" oder ›Blaster‹, sagt Heinz. "Mir konnte es nicht zivil genug sein."

Fliegen darf derzeit nur er die "Louisiana Kid". Wie ist sein Eindruck? Ganz ähnlich wie die Me 109 – die Konstrukteure der Weltkriegsjäger legten Wert auf stabilen Flug. "Das Handling ist leicht; heikel sind nur die ersten und die letzten 15 Sekunden." Wieso? Da die Mustang kein Bugrad hat, zeigt die Nase bei Start und Landung nach oben – man sieht so gut wie nichts. Und zudem muss man es sachte angehen lassen: "Der Motor ist unglaublich stark und die Kreiselkräfte enorm. Wenn man da gleich Vollgas gibt, hat man schon verloren."