Martin Künstner (links) wird Nachfolger von Dietmar Oberer als musikalischer Leiter des Ebinger Kammerorchesters. Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder-Bote

Martin Künstner zieht vom Solistenplatz ans Dirigentenpult um / Im Bund mit zwei Chören

Von Karina Eyrich

Albstadt-Ebingen. Der Stabwechsel ist vollzogen: Nach mehr als 52 Jahren hat Dietmar Oberer die musikalische Leitung des Ebinger Kammerorchesters an Martin Künstner abgegeben.

Einen "Glücksfall" nennt Axel Pflanz, Vorsitzender des Vereins "Ebinger Kammerorchester", die Tatsache, dass Martin Künstner die musikalische Leitung übernimmt – und Dietmar Oberer das bereits mitteilte, als er Pflanz von seinem Rücktritt in Kenntnis setzte. Letzteren bedauert der Vorsitzende, habe Oberer doch nicht nur das Orchester gegründet, sondern auch "nachhaltig" und "zielsicher" geleitet – 52 Jahre lang. "Dietmar Oberer und das Ebinger Kammerorchester sind eins", bringt Pflanz es auf den Punkt.

Auch Oberer selbst bedauert, aus gesundheitlichen Gründen den Taktstock abgeben zu müssen, und ist dankbar, dass Künstner ihn übernimmt. Denn der Solooboist der Württembergischen Philharmoniker Reutlingen ist dem Kammerorchester seit 1985 eng verbunden, war mit ihm auf vielen Reisen. Daher seien auch die Musiker froh über die Wahl, betont Konzertmeisterin Sibylle Kistermann.

Sie und ihre Mutter, Violinistin Helga Oberer, die wie Ursula Maute seit 1962 dabei ist, bleiben dem Orchester treu und sind auch am 6. Juli 2015 in Prag mit dabei, wenn es zusammen mit zwei von Künstner geleiteten Chören, der Betzinger Sängerschaft und dem Philharmonia Chor Reutlingen, das Oratorium "Jan Hus" in Prag aufführt.

Was steht darüber hinaus an? "Am Jahresplan wird sich nichts ändern", betont Sibylle Kistermann. Traditionelle Termine wie die Adventsmatinee in der Kapellkirche, das Sinfoniekonzert und die Matinee in der Volksbank seien weiterhin gesetzt. Darüber hinaus kann Künstner sich vorstellen, die Tradition der Neujahrskonzerte wieder aufzugreifen, die Oberer bis vor rund 15 Jahren zusammen mit dem von ihm geleiteten Liederkranz Tailfingen pflegte.

Mit Künstners Umzug ans Dirigentenpult wird die Stelle des Solooboisten beim Ebinger Kammerorchester frei – und künftig von Künstners Reutlinger Kollegen Dennis Jaeckel besetzt. Die Oboe war übrigens nicht Künstners erste Liebe – die galt dem Piano, doch sein Vater, bis heute Organist, habe ihn überzeugt, umzuschwenken.

Geboren wurde er 1958 im Sternzeichen des Widders in Köngen am Neckar, studierte Oboe in Stuttgart und München sowie Kirchenmusik in Esslingen. Seit 1983 gehört er der Württembergischen Philharmonie Reutlingen an, ist Chorleiter und studierte Dirigat in Leipzig. Außerdem hat Künstner eine Ausbildung zum Kulturmanager absolviert.

Auf die Arbeit in Ebingen freut sich der 56-Jährige sehr, sei das Kammerorchester doch "wie eine Familie und außerordentlich zuverlässig". Dass dies "nicht vom Himmel gefallen", sondern die Leistung von Dietmar Oberer sei, dessen ist Künstner sich bewusst, und auch Pflanz betont: "Wir sind unendlich dankbar für das, was Dietmar Oberer und seine gesamte Familie geleistet haben – und glücklich darüber, mit Martin Künstner einen Nachfolger gefunden zu haben, der diesen guten Weg fortsetzen kann.