Die Osterquelle (oben) liegt an einem stark rutschenden Hang auf Truchtelfinger Gemarkung – dort hin zu gehen, wäre lebensgefährlich. Fotos: Fischer Foto: Schwarzwälder-Bote

Kein heilendes Wasser mehr aus der Truchtelfinger Osterquelle / Durch Erdrutsch ist die Anlage gefährdet

Von Judith Fischer

Albstadt-Truchtelfingen. Wer sich am Ostermorgen im fließenden Wasser einer Quelle oder eines Flusses wäscht, bleibt immer schön und gesund. So sagt es die Legende. Damit ist es in Truchtelfingen vorbei. Gut, ganz so einfach ist es nicht: Das Wasser entfaltet nur dann seine heilende Wirkung gegen das Altern, wenn der Wasserschöpfende jung, weiblich und unverheiratet ist und das Wasser vor Sonnenaufgang unbeobachtet schöpft, ohne dabei auch nur einen Tropfen zu verschütten. Und wehe, es wird auf dem Weg geredet – dann wird das heilende Elixier zu wertlosem "Babbelwasser".

Das Schöpfen des Osterwassers in der Osternacht oder am frühen Ostermorgen war einst ein weit verbreiteter Volksbrauch. Er stammt aus heidnischen Zeiten, als Wasser noch als Ursymbol des Lebens galt. Um Krankheiten vorzubeugen, wurde an Ostern sogar das Vieh in Flüsse getrieben.

Osterquellen finden sich in ganz Deutschland, etwa in Geesthacht in Schleswig-Holstein und Lübars bei Berlin. Und in Albstadt. Genauer gesagt verläuft die Truchtelfinger Osterquelle parallel am nördlichen Hang eines Geländeeinschnitts im Trautenhardt, hart an der Grenze zur Ebinger Gemarkung. Unterhalb eines Waldwegs fließt das Wasser in die Tiefe. Wegen ihrer Rinnenführung, welche mehrmals durch kleine, moosbewachsene Wasserschüsseln unterteilt wird, ist die Quelle wohl eines der bemerkenswertesten Naturdenkmale der Umgebung.

Dennoch scheint sie in Albstadt ein – unverdientes – Schattendasein zu führen. Früher nannten die Albstädter sie schlicht "Rutsche".

Um 1928 entdeckte der Truchtelfinger Josef Singer, von dem auch das Kinderkarussell am Schönhaldenfelsen stammt, die Quelle für sich. Er schmückte den Bachlauf mit Wasserrad und Glockenspiel. Am Ausgang der Quellrinne, noch bevor das Rinnsal den steilen Hang hinunter fließt, brachte er ein Fontänenrohr an. Diese Anlage existiert aber schon seit den 1940-er Jahren nicht mehr.

Der Rutsch 2013 war nicht der erste

Heute steht es schlecht um die Quelle. Sie gehört zu den Stellen im Zollernalbkreis, die vom starken Dauerregen im Juni 2013 am schwersten betroffen waren. Der Hang liegt in einem alten Rutschgebiet; dort gab es bereits vor etwa 80 Jahren einen großen Erdrutsch, und der Hang hat sich nie ganz beruhigt.

Nur wenige Meter weiter hatten sich im vergangenen Jahr große Steinbrocken gelöst und waren talabwärts gerollt. Die Quelle selbst wurde insofern beschädigt, dass das ganze Wasser nun seitlich in den Rutsch und nicht mehr über die Kalksinterterrassen lief. Doch die Stadt Albstadt dichtete die Risse mit Lehm ab, sodass das Wasser nun wieder in gewohnter Bahn plätschert.

Durch gezieltes Fällen angeschobener Bäume versuchten die Forstwirte, den Rutsch soweit möglich zu stabilisieren. Das Problem ist aber, dass der Quellverlauf direkt an der Abbruchkante liegt, und daher droht die Quelle in den nächsten Jahren selbst abzurutschen. Letztlich bleibt zu hoffen, dass sich der Rutsch wieder stabilisiert und die schöne Quelle erhalten bleibt. Bis dahin ist das Gelände aber gesperrt, denn beim Versuch, mit Osterwasser Fältchen zu glätten, würden Besucherinnen ihr Leben riskieren.