Die Familie ist ein eingespieltes Team: Friedrich Rau, seine Tochter Josefa Knupe und seine Frau Gabriele Knupe haben die einstige Klause vor dem Abriss gerettet. Fotos: Kistner Foto: Schwarzwälder-Bote

Haus Hofele: Die abenteuerliche Sanierung der einstigen Ebinger "Klause" nähert sich dem Ende

Wenn einer ein altes Haus kauft und saniert, dann kann er was erzählen – und wenn dieses Haus das Hofele-Haus im Ebinger Kirchengraben ist, erst recht. Architekt Friedrich Rau und seine Tochter Josefa Knupe haben ein Jahr der Abenteuer hinter sich.

Albstadt-Ebingen. Die beiden Stützpfosten in der Mitte des künftigen Bistros sind aus Eiche und leicht nach Norden geneigt – das ganze Haus steht schief; im Lauf der Jahrhunderte hat es Schlagseite in Richtung Kirchengraben bekommen. Für mittelalterliche Fachwerkbauten ist das nichts Ungewöhnliches, sagt Friedrich Rau. Die Dachsparren haben sich im Lauf der Jahrhunderte um etwa 1,30 Meter in Richtung Martinskirche geneigt. Im zweiten Dachgeschoss weist die Decke punktuell ein beängstigendes Gefälle auf. Aber keine Sorge, der Schiefstand ist mitnichten ein Hinweis auf morsche Balken: "Das Holz ist in hervorragendem Zustand", sagt Friedrich Rau, "und das nach fast 600 Jahren."

590, um genau zu sein. Eine Untersuchung des im Hofele-Haus verbauten Holzes hat ergeben, dass die Eichen Anno 1426 geschlagen und ein Jahr später verbaut wurden – es gibt keine präzisere Datierungsmethode als die Dendrochronologie. Die Pfosten sind auch heute noch imstande, tonnenschwere Lasten abzufangen; dass Eiche verwendet wurde, gestattet Rückschlüsse auf die finanziellen Möglichkeiten der Bauherrschaft: Die Klausnerinnen, die vor 500 Jahren hier logierten, waren alles andere als arme Kirchenmäuse und Asketinnen: Ihre Ebinger Bleibe ließen sie sich durchaus etwas kosten, und ihr Weinverbrauch belief sich auf 1600 Liter im Jahr – der Rebensaft stammte vom eigenen Weinberg im Remstal. Wobei zu berücksichtigen ist, dass alkoholische Getränke im Spätmittelalter faktisch Grundnahrungsmittel waren.

"Ein Einkaufsnetz hält eine gerisse Faser aus"

Länger als ein Jahr hat die Sanierung des Hofele-Hauses gedauert, die sich jetzt allmählich dem Ende nähert – Friedrich Rau und Josefa Knupe haben in diesem Jahr eine Menge gelernt: über Wohnen im Mittelalter, über die Usancen des Hausbaus zwischen 1400 und der Gegenwart und nicht zuletzt über die des zeitgenössischen Denkmalschutzes. Die 1960-er Jahre zum Beispiel: Schmale Fenster waren damals nicht mehr genehm, das Querformat en vogue – als die Sanierer im ersten Obergeschoss die vor fünf Jahrzehnten geschlagene Fensteröffnung inspizierten, stellten sie fest, dass ein tragender Pfosten einfach durchgesägt und ein Stück davon entfernt worden war. "Statisch unproblematisch", sagt Rau, "ein Einkaufsnetz hält es aus, wenn eine Faser reißt."

Trotzdem ließ er wieder einen Balken einfügen und das ursprüngliche Gefach wiederherstellen – und bekam prompt Ärger mit dem Denkmalamt, das noch in einem anderen Fall die fortschrittsgläubig rabiaten 1960-er als schutzwürdig erachtete und im Übrigen unbedingt gefragt sein wollte. "Allerdings standen die Denkmalschützer uns nur einmal pro Monat zur Verfügung. Wer ein Haus wie dieses saniert, hat es täglich mit Zielkonflikten zwischen Bestandsschutz einerseits, Statik und Funktion andererseits zu tun – hätten wir jedes Mal auf die Tübinger gewartet, wären wie in fünf Jahren noch nicht fertig." Das Argument verfing nicht; es wurde ein Baustopp verhängt; erst nach sechs Wochen konnten die Arbeiten weitergehen.

Die historische Substanz ist erhalten worden

Ganz grundsätzlich nimmt Rau für sich in Anspruch, dem Denkmalschutz so weit wie nur irgend möglich entgegen zu kommen. Vor ihm – die Sektion im Zuge der Sanierung offenbart es – haben Generationen nach Belieben mit dem Bestand geschaltet und gewaltet, haben bedenkenlos Bretter und Balken abgesägt und anderswo wieder verbaut. "Ich habe die komplette historische Substanz erhalten." Auch nach der Fertigstellung des Hauses – das Bauprogramm sieht ein Café, vier Gästezimmer samt Bädern und eine Dachwohnung für Josefa Knupe vor – wäre es theoretisch möglich, darin baugeschichtliche Führungen anzubieten. Der Brandfleck auf der Schwelle zwischen Südwestzimmer und Bad wird nicht getilgt – hier muss einmal ein Ofen gestanden sein; auch die Nagelspuren des Blechs sind noch zu erkennen. Die freigelegte Decke im Nordostzimmer soll ebenfalls bleiben – 215 Jahre ist sie alt; die Zahl "1801" auf der mittleren Kassette zeigt es an. Die Nischen, die bei der Freilegung einer älteren Wand zu Tage traten, sind dagegen wieder verschwunden: Direkt daneben stand vor Jahrhunderten eine offene Herdstelle – noch 500 Jahre später roch das Mauerwerk intensiv nach Lagerfeuer. So weit, auch dieses Detail zu bewahren, kann der Sinn für Historizität unmöglich gehen.

Er geht auch so weit genug. In Josefa Knupes künftigem Badezimmer unterm Dach stützt eine Balkenkonstruktion aus der Nachkriegszeit eine 600 Jahre alte Pfette ab, die unter dem Druck des Dachstuhls zerbrochen war. Das neue Dach, das über dem alten Dachstuhl errichtet wurde, kommt ohne diese Balken aus. Sie bleiben trotzdem – "so was hat nicht jeder im Bad", sagt Knupe.

"Überall sonst wurden Ausnahmen gemacht"

Doch misslicherweise hat sich just an diesem Badezimmer ein weiterer Streit mit den Denkmalschützern und der Stadt Albstadt entzündet: Knupe und Rau wollen ein Dachflächenfenster für den Raum, aber die gab es im Mittelalter nicht – daher insistiert der Denkmalschutz auf Gauben. Jetzt hat Friedrich Rau Verwaltungsklage eingereicht. Sein Argument: "Überall in der Innenstadt wurden Ausnahmen gemacht – schauen Sie sich doch einfach mal das Rathaus an!"