Getriebeproduktion bei ZF in Friedrichshafen Foto: dpa

Der drittgrößte deutsche Autozulieferer hat 2011 Rekorde eingefahren und will jetzt massiv investieren.

Stuttgart - /Friedrichshafen - Deutschlands drittgrößter Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen rüstet sich für einen möglichen Abbruch der Weltkonjunktur. Um vorzusorgen, habe man sich Kreditzusagen in Millionenhöhe gesichert, sagte ZF-Chef Hans-Georg Härter in Stuttgart, ohne weitere Details zu nennen. Bereits nach der Lehman-Pleite im Herbst 2008 hatte sich ZF, um einer Kreditklemme vorzubeugen, frisches Kapital an den Märkten gesichert. Mit der Staatsbank KfW unterzeichnete man Verträge über Kredite in Höhe von 250 Millionen Euro, die später aber aufgrund der Konjunkturlage vorzeitig zurückgezahlt wurden.

Tatsächlich ist es aus Härters Sicht einzig die Euro-Krise, die das rasante Wachstum des Zulieferers derzeit ausbremsen könnte. Andere Punkte, etwa die sich entspannenden Rohstoffpreise oder die starke Nachfrage nach Lenkungen und Getrieben, deuteten in eine andere Richtung. Die Auftragseingänge hätten sich mit bis zu 1,6 Milliarden Euro pro Monat im Jahr 2011 als stabil erwiesen, und auch bei den Neuaufträgen sehe man keinen Abschwung. Das Jahresergebnis werde 2011 im Vergleich zum Vorjahr – damals schlugen gut 440 Millionen Euro zu Buche – „deutlich ansteigen“. Mit 72100 Mitarbeitern beschäftige ZF aktuell so viele Menschen wie nie zuvor. Allein im Inland wurden 4500 Menschen eingestellt. „Ich teile die Einschätzung nicht, dass eine Automobilkrise unmittelbar vor uns liegt“, sagte Härter.

Umsatz steigt um 20 Prozent auf 15,5 Milliarden Euro

Für das kommende Jahr peilt Härter denn auch einen weiteren Umsatzrekord an. Auf 16,5 Milliarden Euro sollen die Erlöse des Friedrichshafener Stiftungsunternehmens steigen, nach 15,5 Milliarden, die ZF dieses Jahr erwirtschaften wird. Zusätzlich sollen 4500 neue Stellen weltweit geschaffen werden, rund 2000 davon sollen auf die heimischen Stadtorte entfallen.

Damit läuft ZF das zweite Jahr in Folge unter Volldampf. Besonders in Nordamerika brummt das Geschäft mit Automatikgetrieben. Durch ein Werk in Greenville (South Carolina) sollen die Kapazitäten ab 2013 noch einmal erheblich gesteigert werden. Außerdem laufen in Gainesville im US-Staat Georgia ab 2012 Windradgetriebe für den dänischen Weltmarktführer Vestas vom Band.

Mit Wachstumsraten von bis zu 30 Prozent schoss die Nachfrage auch in Europa in die Höhe. Nach einer steilen Bergfahrt in den vergangenen Jahren wächst der Markt in Asien mit rund zehn Prozent dagegen langsamer. In Asien sehe man sich derzeit einer „gewissen Wachstumspause“ gegenüber, sagte Härter. Allerdings entwickle sich das ZF-Geschäft in dieser Weltregion deutlich über dem Durchschnitt der übrigen Marktteilnehmer. Der Projektstand sei positiv. Den erfolgreichen Weg in die neuen Märkte setze man fort. Gemessen am Basisjahr 2005 sollen sich die Umsätze in Asien bis 2015 verdreifachen. Zupass kommt ZF hier die ungeminderte Nachfrage, vor allem nach Premiumlimousinen, für die sich ZF als einer der führenden Zulieferer etabliert hat.

Windgetriebegeschäft wird sich beleben

Bei kleineren Modellen schwächelt speziell der europäische Markt dagegen immer noch. Grund sind die Nachwirkungen der Abwrackprämie, die zu starken Neuwagenkäufen in den vergangenen Jahren geführt hatte. Geschäft, das nun auch den Zulieferern fehlt. Außerdem wird das Nutzfahrzeuggeschäft im kommenden Jahr wohl hinter den Erwartungen zurückbleiben. Der europäische Markt werde um rund zehn Prozent schrumpfen, sagte Härter. Das könnte auch für den Friedrichshafener Stammsitz Folgen haben, der in hohem Umfang für den Nutzfahrzeugmarkt produziert. Etwaige Dellen in der Nachfrage könnten aber durch flexible Arbeitszeitregelungen abgefedert werden. Nach einer Flaute 2011 beginne sich der Windenergiemarkt „auf niedrigem Niveau wieder zu beleben“, sagte Härter. Der Bereich wird für ZF nach dem Kauf des belgischen Getriebeherstellers Hansen immer wichtiger. ZF rangiert nun unter den Top 3 Windradgetriebebauern weltweit und will bis 2015 in dem Markt weltweit eine Milliarde Euro erlösen. ZF erziele hier Wettbewerbsvorteile, da die Anlagen nach Qualitätsstandards der Automobilindustrie gefertigt würden, sagte Härter.

Um seine Position auszubauen will ZF trotz konjunktureller Unsicherheiten massiv investieren. Mit rund einer Milliarde Euro kletterten die Investitionen in Sachanlagen, also etwa in neue Standorte, schon dieses Jahr auf Rekordniveau. 2012 soll mit 1,4 Milliarden Euro noch mal eins draufgelegt werden. Das Geld wird vor allem ausgegeben, um die Produktionskapazitäten in den östlichen Wachstumsmärkten und in Übersee auszuweiten. Bis 2016 sollen insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro in derartige Projekte fließen. „Diese Investitionen werden uns stark strapazieren, aber nicht überstrapazieren“, sagte Härter. Man werde nicht in die Abhängigkeit der Banken geraten.