Die Zukunft der Krankenhäuser interessiert: Der Hörsaal des Tübinger Uniklinikums ist gut gefüllt. Foto: Katz

Mitarbeiter sehen Patientenwohl in Region Neckar-Alb bedroht. Einsparungen auf den Rücken des Personals.

Zollernalbkreis/Tübingen - Die Versorgung der Patienten ist durch eine strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser in Gefahr. Davon sind die Mitarbeiter der Kreiskliniken Zollernalb, Reutlingen und Tübingen überzeugt.Nicht nur Beschäftigte der Tübinger Uni-Kliniken machten am Freitag auf die in ihren Augen gefährdete Zukunft der Kliniken in der Region Neckar-Alb aufmerksam. Auch aus den Kreiskliniken Reutlingen und dem Zollernalb-Klinikum waren Betroffene zu dieser Veranstaltung gekommen.

Zu jenen, die die Lage verdeutlichten, gehörte Josef Weiss, Geschäftsführer des Klinikums im Zollernalbkreis. Die duale Krankenhausfinanzierung, wonach die Kassen den laufenden Betrieb, das Land die baulichen Investitionen bezahlen, sei auch in Balingen und Albstadt seit Jahren nicht auskömmlich. So trage beispielsweise der Kreis den größten Teil der rund 80 Millionen Euro, die durch den Neubau in Balingen an Kosten anfallen.

Außerdem stiegen die Ausgaben für Löhne, Energie und medizinisches Material stetig, ohne dass es mehr Geld gebe. Einsparungen müssten deshalb auf den Rücken der Mitarbeiter erfolgen, sprich: Stellen gestrichen werden.

"Die wohnortnahe, qualifizierte Versorgung ist in Gefahr", warnte Weiss deshalb. Das gelte insbesondere im ländlichen Raum, wo Kliniken sich nicht auf lukrative Operationen spezialisieren könnten, sondern eine umfassende Grundversorgung sichern müssten. Deshalb sei eine stabile und verlässliche Finanzierung notwendig, damit nicht zuletzt die beiden Krankenhäuser im Zollernalbkreis weiter als Rückgrat der medizinischen Versorgung, Standortfaktoren und Stützen der sozialen Infrastruktur funktionieren könnten.

Anderswo in der Region sieht es nicht besser aus: Jährlich steigende Kosten ohne ausreichenden Ausgleich von Seiten der Krankenkassen bedingen auch in Tübingen und Reutlingen sowie den kleinen Einrichtungen in Bad Urach und Münsingen stetige Stellenstreichungen. Man könne nicht aus der Belegschaft die Gelder für nötige Investitionen herauspressen, warnte Michael Bamberger, Leitender Ärztlicher Direktor in Tübingen. Das gefährde das Wohl der Patienten – was auch zwei Erfahrungsberichte aus dem Stationsalltag drastisch untermauerten.

Reutlingens Landrat Thomas Reumann, zugleich Vorstandsvorsitzender der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, verwies darauf, dass die Kassen Milliardenüberschüsse erwirtschafteten, es in den Kliniken aber an Geld mangle: "Das darf nicht wahr sein!" Das Geld der Versicherten gehöre in deren Versorgung. Dann seien auch die benötigten Mittel da, um den Mitarbeitern faire, verdiente Tariflöhne zu bezahlen.

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion waren die anwesenden Abgeordneten aus Bundes- und Landtag sich in ihrer Wertschätzung für die Arbeit in den Krankenhäusern der Region einig.

Die anwesenden Kreisräte aus dem Zollernalbkreis haben nach dieser Veranstaltung nun einen Informationsvorsprung, wenn es im Kreistag das nächste Mal um die Finanzen des Zollernalb-Klinikums geht.

Die Proteste blieben allerdings nicht hinter verschlossenen Türen: 600 Krankenhausmitarbeiter haben in Tübingen gestreikt. Bis zur Bundestagswahl will die BWKG im ganzen Land zu Kundgebungen aufrufen. Die Mitarbeiter aus den Kreisen Tübingen, Reutlingen und Zollernalb machten gestern den Anfang.