Lange waren die riesigen Bronzepferde verschollen, die der Nazikünstler Josef Thorak für Hitler anfertigte. Warum zeigt man in Berlin jetzt die „toxische“ Kunst?
Gewöhnlich wird sie weggesperrt. Kunst, die im Nationalsozialismus entstanden ist, wird selten öffentlich ausgestellt. Die meisten Museen klammern die Zeit zwischen 1933 und 1945 aus. Nun wird eines der spektakulären Werke aus dem Nationalsozialismus dauerhaft in Berlin gezeigt: „Hitlers Bronzepferde“.
Dabei handelt es sich um zwei drei Meter hohe Bronzepferde, die der Bildhauer Josef Thorak für die Gartenseite der Neuen Reichskanzlei Adolf Hitlers gestaltet hatte. Die anderthalb Tonnen schweren Kolosse galten lange als verschollen. 2015 tauchten „Hitlers Hengste“ plötzlich auf. Sie wurden bei einer Razzia bei einem Sammler in Bad Dürkheim wiederentdeckt und lösten einen Streit aus, wem sie gehören.
2021 beschloss Monika Grütters, die damals noch Staatsministerin für Kultur und Medien war, dass Thoraks Pferde zurück nach Berlin kommen sollen – in die Zitadelle Spandau. Das Museum, das in einer Renaissancefestung untergebracht ist, zeigt in einer kulturhistorischen Dauerausstellung Denkmäler, mit denen die jeweilige Staatsmacht zwischen 1849 bis 1986 das Stadtbild Berlins prägen wollte. Darunter sind Symbole des Deutschen Kaiserreichs, der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus und der DDR, viele von ihnen wurden bei Systemwechseln entfernt.
Die „neue deutsche Kunst“ sollte das Nationalgefühl stärken
Der österreichischen Bildhauer Josef Thorak (1889–1952) war neben Arno Breker einer der wichtigsten Künstler im Nationalsozialismus. Seine Skulpturen wurden regelmäßig bei der Großen Deutschen Kunstausstellung präsentiert, die jährlich im „Haus der deutschen Kunst“ in München stattfand und die „neue deutsche Kunst“ vorstellen sollte. Mit dieser staatlich verordneten Kunst sollte das Nationalgefühl der Menschen gezielt gestärkt werden. Ein Vorhaben, das sich aber letztlich nicht umsetzen ließ – auch aus Sicht der führenden NS-Größen entstand wenig qualitätvolle Kunst.
Falsche Mystifizierung der NS-Kunst verhindern
Die Pferde von Josef Thorak sind, wie es von der „neuen deutschen Kunst“ im NS-Staat erwartet wurde, realistisch gestaltet. Allerdings hat Thorak die Muskeln unnatürlich übertrieben, um die Kraft der Tiere zu unterstreichen. Auch die Hälse der Pferde sind allzu dick geraten. Aus kunsthistorischer Sicht sind sie deshalb weniger bedeutend. Aus historischer Sicht sei es aber wichtig, „Hitlers Pferde“ auszustellen, meint Urte Evert, die Leiterin der Zitadelle Spandau. Mit der Ausstellung „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“ will das Museum verhindern, dass es zu einer falschen Mystifizierung der NS-Kunst kommt, die befördert werden könnte, wenn sie nicht zugänglich ist.
Die Pferde werden nicht nebeneinander gezeigt
Auch wenn die Skulpturen ursprünglich vor der Neuen Reichskanzlei im Freien standen, zeigt das Berliner Museum sie nun nicht im Außenraum, weil sie dort einerseits Vandalismus ausgesetzt wären, aber auch unverhältnismäßig wirken würden. Um die Wirkmacht der monumentalen Skulpturen zu mindern, beschloss man zudem, die zwei Pferde nicht nebeneinander zu präsentieren.
„Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“: Zitadelle Spandau, Am Juliusturm 64, Berlin, geöffnet Freitag bis Mittwoch 10 bis 17 Uhr, Donnerstag 13 bis 20 Uhr