Volker Schmidt-Bäumler und Jakob Friedrichs haben vor elf Jahren den Deutschen Kirchenkabarettpreis gewonnen – und in Tailfingen gezeigt, warum. Foto: Susanne Grimm

Hessen im Schwabenland – geht das gut? Beim „Gut-Trauf“-Zeltfestival“ in Tailfingen schon. Volker Schmidt-Bäumler und Jakob Friedrichs gaben ein Gastspiel auf dem Lerchenfeld.

„Schmittie und Jay“ oder auch die „Superzwei“ kultivieren als Musik-Comedy-Duo eine spezielle Art von Humor. „Musikblödsinn“ sagen sie selbst dazu – und kalkulieren mit ein, dass manche eher verhalten klatschen, dass der eine oder andere Lacher im Halse stecken bleibt und dass sich gelegentlich eine Stirn runzelt.

Wieso? In den Liedern der hessischen Blödelbarden kommen Frauen eher schlecht weg. Unterirdisches Beispiel: „Sabine“, in der die Titelheldin mit allen denkbaren Negativattributen bedacht wird. Besonders tückisch: Der Zuhörer wird zum Mittäter gemacht und mit Macht zum Mitsingen des Refrains animiert – hinterher sitzt er in der Falle: Wer genüsslich mitgesungen habe, sei eigentlich therapiepflichtig, erklären die beiden Herren hämisch. „Jaqueline“ ist auch nicht besser – die erste große und natürlich unerfüllte Liebe eines Pubertierenden entpuppt sich Jahre später beim zufälligen Wiedersehen als großer Irrtum: „Labert nur Scheiße“ und „hat meine Liebe nicht verdient“. Die „Superzwei“ bieten laut eigener Aussage einen Querschnitt aus 36 Jahren Schaffen und Bühnenleben – kann es sein, dass sie, was den Umgang mit dem anderen Geschlecht anbelangt, in den 1980er Jahren stecken geblieben sind?

Hungrige Hessen essen alles

Auch ein anderer Song, bei dem ein hungriger Hesse in Ermangelung von Nahrung eigene Körperteile verspeist, mutete merkwürdig an. 2012 gewannen „Schmittie und Jay“ den Deutschen Kirchenkabarettpreis – was sagt das über die Preisgeber aus? Die Zwei können aber auch anders: Seiner Mutter, die an Alzheimer erkrankt ist, hat Schmittie ein zu Herzen gehendes Lied gewidmet. Der Sohn beobachtet, wie die Mutter geistig verschwindet – und wirkt jetzt sehr verletzlich: „Wes Geistes Kind werd ich wohl sein, wenn ich mal alt bin?“ Anrührend!

„CDs sind Streamings zum Anfassen“

Oder das Lied mit der Mutter aller Fragen: „Warum sind wir hier? Ist die Erde ein Knödel und wir die Soße?“ Auch „Pubertät“ kommt bestens an, desgleichen der Hinweis an die Jugend im Publikum, dass die Musikbranche die Künstler am langen Arm verhungern lässt: „1000 Streams kosten den Nutzer nur 3,95 Euro! So kauft kein Mensch mehr CDs“. Aber warum sollte er? „CDs sind Streamings zum Anfassen“.

Dann das Schlusslied, mit dem sich die „Heesters der Szene“, O-Ton Jay, vom Publikum verabschieden: „Schuss ist, wenn der Schiri pfeift“. Bedeutet konkret: Die Zwei denken gar nicht daran, sich aufs Altenteil zurückzuziehen; ihre „Hessianisierungsmisssion“ ist längst nicht abgeschlossen.