Kerstin Grohmann (vordere Reihe Mitte) mit dem aktuellen und ehemaligen Praxisteam sowie ihrem Mann Rainer (rechts) und Bürgermeister Michael Moosmann. Foto: Dold

Es wurde emotional: Seit 1986 leitete Kerstin Grohmann ihre Zahnarztpraxis in der Königsfelder Straße. Am Freitag kamen nochmals viele Patienten, um sich für die Arbeit zu bedanken – und die vielen herzlichen Begegnungen.

Um 17.15 Uhr am Donnerstag kontrollierte Kerstin Grohmann bei einer Patientin nochmals eine Brücke – dann legte sie das Zahnarztinstrument letztmals aus der Hand.

Längst ist Kerstin Grohmann in Hardt heimisch geworden. Auch nun, im Ruhestand, wird sie mit ihrem Mann Rainer in Hardt wohnen bleiben. Dabei „fremdelte“ sie ganz zu Beginn noch ein wenig.

Aufgewachsen ist Kerstin Grohmann in Radebeul vor den Toren Dresdens. Ihre Ausbildung absolvierte sich noch in der damaligen DDR, bevor 1984 ihr Ausreiseantrag in den Westen bewilligt wurde. „Da musste man ganz vorsichtig sein“, sagt sie angesichts des Antrags, mit dem man sich bei den Behörden im Osten keine Freunde machte.

Auf 800 Metern wird es kalt

Anschließend arbeitete Kerstin Grohmann für zwei Jahre in Bad Ems bei Koblenz als Assistenzzahnärztin. Sie wollte aber schon immer in den Süden von Deutschland, auch weil sie in Rottweil Bekannte hatte.

In Hardt war derweil die Praxis des früheren Zahnarztes Dalm frei – und diese schaute sie sich an. „Weiter unten war es Schmuddelwetter, aber oben in Hardt war purer Sonnenschein“, erinnert sie sich an den ersten Besuch. Die Praxis mit Wohnung sagten ihr sofort zu und so wurde sie 1986 zur neuen Zahnärztin in Hardt.

Eins hatte sie aber nicht bedacht: „Auf 800 Metern Höhe wird es sehr kalt“, merkte sie schnell. Der Fliederbaum neben der Praxis habe unglaubliche fünf Wochen lang geblüht.

Lob von den Angestellten

Ihren Standort lernte sie aber schnell zu schätzen – auch weil sie mit ihrem Mann gerne Ausflüge ins Kinzigtal, an den Kaiserstuhl, ins Elsass und vor allem an den Bodensee machte.

Mit ihrer Praxis machte sie sich schnell einen Namen und die Patienten kamen. „Ich hatte auch immer nette Helferinnen und es gab jeden Tag etwas zu lachen“, so die Chefin der Zahnarztpraxis.

Auch Gustav Auber kam viele Jahre zur Behandlung zu Kerstin Grohmann. Foto: Dold

Auch sprachlich gefordert

Die Helferinnen waren insbesondere in den Anfangszeiten nicht nur zahnmedizinisch gefordert, sondern auch sprachlich. „Manche Eltern sagten zu ihren Kindern ,Machs Muul uff’. Da musste ich erstmal fragen, was denn damit gemeint ist“, erinnert sie sich. Auch die Bedeutung des Wortes „Gosch“ hatte sie schnell verstanden.

„Sie war eine Super-Chefin. Das findet man selten“, hieß es am Freitag von ihren Helferinnen, die inzwischen offiziell Zahnmedizinische Fachangestellte sind. Ein Beweis dafür: Die frühere Angestellte Martina Herzog kam zur Verabschiedung extra aus Berlin angereist. Alle bisherigen Angestellten haben indes eine neue Beschäftigung gefunden.

Kein Nachfolger gefunden

Beim „Tag der offenen Tür“ war die Praxis schnell gefüllt. Es gab Blümchen, Umarmungen und die besten Glückwünsche für den Ruhestand der beliebten Zahnärztin. Auch Bürgermeister Michael Moosmann kam mit einem Präsent vorbei.

Der einzige Wermutstropfen: Für die Praxis wurde kein Nachfolger gefunden, obwohl monatelang gesucht wurde. Es wurde beispielsweise bei Praxisbörsen inseriert – allerdings ohne Erfolg.

Moosmann hat die Hoffnung auf die Ansiedlung eines Zahnarztes in Hardt aber noch nicht aufgegeben. Interessenten könnten sich jederzeit im Rathaus melden, hofft er.

Kerstin Grohmann freut sich indes auf den Bodensee, der zur zweiten Heimat geworden ist. Zudem möchte sie die neu gewonnene Freiheit für Reisen nutzen.