Er hat aus kleinen Rollen große Auftritte und aus großen Rollen Klassiker gemacht: Im Alter von 81 Jahren ist der US-Schauspieler Yaphet Kotto gestorben.
Stuttgart - „Star Wars“ war Kinderkram, „Alien“ war die harte Dosis für Erwachsene: Ridley Scotts Science-Fiction-Meisterstück war 1979 in vielerlei Hinsicht eine Revolution – und ist auch frischer geblieben als viele andere Filme aus jenen Tagen. Eine der großartigen Neuerungen: Das Raumschiff war hier eine Arbeitswelt, die „Nostromo“ ein interstellarer Erzfrachter, die Besatzung bestand aus Malochern, die des Geldes wegen hier waren, nicht aus Idealismus, und das sorgte für eigene Spannungen. Das musste zu Filmbeginn ruckzuck klar gemacht werden. Mit dem afroamerikanischen Schauspieler Yaphet Kotto hatte Scott den richtigen Mann, diesen ganzen proletarischen Aspekt der Sternenfliegerei mit deftiger Körpersprache, mit ein paar Blicken und einer knisternden Verarsch-mich-bloß-nicht-Aura im Nu ans Publikum zu bringen.
Bond-Bösewicht
Kotto, der am 15. März 2021 im Alter von 81 Jahren gestorben ist, hatte es da bereits so weit gebracht, wie man es als afroamerikanischer Schauspieler im Filmgeschäft damals leider nur bringen konnte. Er war 1973 Bond-Schurke gewesen: der larmoyant fiese Dr. Kananga alias Mr. Big in „Live and let die“, dem ersten 007-Einsatz von Roger Moore.
Davor hatte er in Barry Shears Gettokrimiklassiker „Across 110th Street“ (mit großartigem Titelsong von Bobby Womack einen Cop gespielt und versucht, die Titelrolle in Larry Cohens Blaxploitation-Film „Bone“ an bloßen Klischees vorbeizusteuern. Auch danach musste er ständig abwechseln zwischen Filmen, die nicht mehr wollten als einen physisch einschüchternden schwarzen Nullachtfünfzehn-Typen und ein paar Projekten, bei denen er aus einer Nebenfigur einen differenzierten Charakter machen durfte. Aber niemand schrieb ihm im weiß dominierten Hollywood große Rollen auf den Leib.
Polizei-Lieutenant in „Homicide“
Viele Filmfans werden mit dem Namen Yaphet Kotto nicht viel anfangen können, das Gesicht aber sofort wiedererkennen, nicht nur wegen der Momente für die Ewigkeit aus „Alien“. Etwa weben seiner Auftritte in Paul Schraders „Blue Collar“ (1978), im Schwarzenegger-Film „The Running Man“ (1987) oder in Martin Brests „Midnight Run“ (1988). Eine seiner besten Rollen aber bekam Kotto beim Fernsehen: den Lieutenant Al Giardello in der sehr realistischen Polizeiserie „Homicide: Life on the Street“.
Diese von Kritikern geliebte Serie basierte auf einem Sachbuch des Reporters David Simon, dessen „The Wire“ bald einen der Höhepunkte des neuen Goldenen Zeitalters der TV-Serien bilden sollte. „Homicide“ zeigt, dass sich bereits in den Neunzigern ein ganz neues Serienerzählen herausschälte aus dem Sumpf der Klischees, der Verlogenheit und des Hingehudelten. Yaphet Kotto hat dafür einige der Drehbücher geliefert. Er hatte das ja auch mal prophezeit: „Wenn ich zu was Vernünftigem kommen will, werde ich wohl selbst ein Drehbuch schreiben oder Regie führen müssen.“