Ein Eisenbahnwaggon in der Luft. Behutsam passt ihn ein Kran zentimetergenau auf einen Tieflader. Foto: Schwarz

Spektakuläre Aktion: Ein 30 Tonnen schwerer Eisenbahnwaggon schwebte im Freudenstädter Industriegebiet Sulzhau am Kranhaken durch die Luft.

Freudenstadt - Er soll künftig als Industriedenkmal dienen. Wenn mal rund 30 Tonnen Eisen und Blech ins Schweben kommen, klicken die Foto-Apparate aller Handys um die Wette. Vor allem, wenn es sich um einen schwebenden Eisenbahn-Waggon handelt. So war es auch am Dienstag, als die Freudenstädter Firma A. Chini einen alten Kesselwaggon von ihrem Betriebsgelände in der Hindenburgstraße zum neuen Standort im Gewerbegebiet Sulzhau transportierte.

Das übernahm ein gewaltiger Tieflader in Stretch-Version, denn der Waggon misst immerhin knapp 15 Meter in der Länge. Die Firma A. Chini GmbH & Co. KG will den längst ausgedienten und schon ein wenig ramponiert wirkenden Kesselwaggon wieder farblich aufbrezeln und als Blickfang und Industriedenkmal auf einem originalen Gleisbett vor dem neuen Betriebsgebäude platzieren. Bis jetzt stand das gute Stück mit zwei weiteren Waggons entlang der Bahnstrecke am Stadtbahnhof und rief mit großen aufgemalten Lettern den Schriftzug der Firma in Erinnerung.

Der Wagen mag gut 60 bis 70 Jahre alt sein, schätzt Estrichlegermeister Alfred Chini. Einst schleppte der Waggon Steinmehl aus Bayern und dem Elsass oder Quarzsand aus Hof an der Saale nach Freudenstadt in den Stadtbahnhof und über ein Industriegleis in den Betriebshof der Firma Chini, damals noch Spezialist für Industriefußböden. Diese Zeiten sind längst vorbei, das Industriegleis und die Waggons haben ausgedient, ebenso wie die drei gewaltigen Silos für das Rohmaterial.

Präzisionsarbeit XXL

Heutzutage wird es am Tag der Verarbeitung, neudeutsch "just in time", direkt auf die Baustellen gekarrt. Alexander Chini leitet die Firm in dritter Generation, mit seiner Tochter und den beiden Söhnen ist die vierte Generation bereits in führenden Positionen im Betrieb. Die Firma wurde 1913 vom Großvater Alexander Chini in Freudenstadt gegründet, Vater Alfred hatte den Firmensitz in die Nähe des Stadtbahnhofs verlegt. Das Unternehmen hat sich vom reinen Industrie-Estrich-Verleger weiter entwickelt zum Bodenspezialisten auch im Wohnungsneubau und bei Sanierungen.

Dies erforderte auch die jetzt aktuelle Verlagerung vom Stadtbahnhof in Freudenstadt ins neue Gewerbegebiet in die Sulzhau Nummer 11. Dort werde man wohl noch in diesem Juli Eröffnung feiern, meint Alexander Chini. So ganz einfach wechselt ein Eisenbahnwaggon auch heute nicht vom Gleis auf die Straße. Die 30 Tonnen waren zwar für den Kran ein Leichtgewicht, denn der packt, wenn’s sein muss, auch 130 Tonnen, wie Kranführer Sven Frommer informiert. Aber der alte Kesselwaggon erwies sich als einen guten halben Meter zu lang für den Tieflader. So mussten vom Waggon erst die vier mächtigen Puffer abmontiert werden.

Bagger zermalmt Silos

Überhaupt war es ein Wunder, wie der riesige Transporter rückwärts durch das enge Tor des Betriebsgeländes gefädelt wurde. Die Zeit, bis alle Vorbereitungen getroffen waren, vertrieb sich der Kranfahrer mit dem Abriss von drei ebenfalls ausgedienten Metall-Silos auf dem Firmengelände, die anschließend ein Bagger wuchtig zu Industrieschrott zermalmte. Ein Teil der alten Betriebsgebäude werde noch abgerissen, so Alexander Chini. Für das weitläufige Gelände gäbe es zwar Pläne, aber Genaues wisse man noch nicht.