Eisbär Anton ist vor einigen Wochen überraschend gestorben - nun hat Corinna einen neuen Partner bekommen. Allerdings nur auf Zeit. Foto: Leserfotograf freudestrahl

Seit dem tragischen Tod ihres Gefährten Anton ist Corinna in der Wilhelma alleine. Für etwa ein halbes Jahr bekommt sie jetzt Gesellschaft vom Eisbären Yoghi aus München.

Stuttgart - Am Mittwoch hat die Wilhelma tierischen Zuwachs bekommen: Eisbär Yoghi ist aus dem Münchner Tierpark Hellabrunn angereist. Er soll seiner Artgenossin Corinna Gesellschaft leisten, die seit dem Tod ihres Partners Anton am 10. Februar das Eisbär-Gehege alleine bewohnt. Wenn sie sich mit Yoghi, der vorläufig im benachbarten Gehege eingezogen ist, versteht, werden die zwei zueinander gelassen. Bis das Eis zwischen den Bären gebrochen ist, können sie sich durch ein Gitter beschnuppern. Mit ein wenig Glück können die Besucher der Wilhelma sie dabei beobachten.

Nach dem ersten Aufeinandertreffen der Bären sieht es gut aus: Interessiert hat Corinna ihren neuen Nachbarn nach der Ankunft beobachtet. Wie es sich gehört, haben sich die zwei höflich begrüßt, ohne sich dabei anzufauchen. In München hat Yoghi den Ruf, ein friedfertiger und freundlicher Zeitgenosse zu sein. „Er ist ein echter Schmusebär“, sagt Wilhelma-Kuratorin Ulrike Rademacher. „Und dass Corinna sich nicht verächtlich weggedreht hat, ist ein gutes Zeichen.“ Das ist für Eisbären eher untypisch. Normalerweise sind die Raubtiere Einzelgänger.Nur in den Paarungszeiten vertragen sich Männchen mit den Weibchen, die die Jungen alleine großziehen. Trotzdem hatte sich Yoghi mit seiner Partnerin verstanden.

Bedenken, dass der Umzug eine zu große Belastung für Yoghi sein könnte, hat die Wilhelma keine. In seinem Heimatzoo in München musste er in einem Einzelgehege leben. Das war nötig, weil seine Partnerin Giovanna Ende letzten Jahres Junge bekommen hatte. Um den Nachwuchs zu schützen, hatte man den Eisbärenmann von ihnen trennen müssen. Darunter hat er, nach Auffassung der Zoos, sichtlich gelitten. Von dem Besuch bei Corinna würden also alle beteiligten Tiere profitieren, sagt Radermacher: Giovanna kann sich mit ihrem Nachwuchs frei im Gehege bewegen und Yoghi findet in Corinna vielleicht eine neue Freundin.

Dann wäre es bestenfalls eine Freundschaft auf Zeit. Denn im Herbst heißt es schon wieder Abschied nehmen von Yoghi. Dann sind die beiden Jungtiere in München so selbstbewusst, dass sie sich mit einem Eisbärmann im Nachbargehege arrangieren können. Corinna dürfte das aber nicht stören. Gegen Ende des Jahres gehen sich Eisbären normalerweise aus dem Weg. Möglicherweise kündigt sich dann auch schon Nachwuchs in der Wilhelma an. Corinna ist mit ihren 24 Jahren nicht mehr die jüngste Eisbär-Dame. Aber wenn sie sich mit ihrem zehn Jahre jüngeren Artgenossen gut versteht, könnte sie im Herbst schwanger sein. In diesem Fall müsste man die beiden Bären ohnehin wieder voneinander trennen.

Über Nachwuchs in Stuttgart dürfte sich nicht nur die Wilhelma freuen. Yoghi und Corinna verfügen nämlich beide über wertvolles Genmaterial, das in den Zoos Europas noch nicht weit verbreitet ist. Der Besuch des Münchner Bären in der Wilhelma kam über das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) zustande. Dort wird über die Tierbestände in den Zoos in Europa Buch geführt. Auch die Verwandtschaftsverhältnisse der Tiere sind genau vermerkt. Dadurch wird versucht, bei der Zucht von Wildtieren Inzucht zu vermeiden und einen genetisch vielfältigen Bestand zu erhalten.

Das interessiert die beiden Eisbären freilich nicht. Auch in der Wilhelma steht der mögliche Nachwuchs noch im Hintergrund. „Wir gehen jetzt eine Sache nach der anderen an“, sagt Rademacher. „Für uns war es erst einmal wichtig, Antons Tod zu verarbeiten.“ Trotzdem ist man in der Wilhelma guter Hoffnung.