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Der Weltverband Fifa will mit umstrittener Vergabepraxis zur WM bei Wirten kassieren.

Stuttgart - Gemeinsames Fußballschauen macht vielen Fans am meisten Spaß. Weil auf dem Schlossplatz diesmal keine WM-Spiele zu sehen sein werden, erwarten Kneipen, Biergärten und Sportvereine einen Ansturm. Doch der Weltverband Fifa löst mit einer fragwürdigen Lizenzpolitik Verwirrung aus.

Daheim ist alles kein Problem. Fernseher an, WM-Spiele schauen, die öffentlich-rechtlichen Sender übertragen. Einmal vorausgesetzt, die GEZ-Gebühr ist bezahlt. Weil aber seit einigen Jahren das gemeinsame Fußballgucken, neudeutsch Public Viewing genannt, schwer im Trend liegt, drängt es die Fans hinaus in die Stadt. Zahlreiche Gastronomen werden Leinwände und Fernseher aufstellen, damit das runde Leder in Südafrika massentauglich rollen kann. Für die öffentliche Übertragung fallen zusätzlich Gema-Gebühren an. Und das war's. Sollte man meinen.

Ein Irrtum, denn da gibt es noch den Weltverband Fifa. Der verlangt von jedem, der öffentlich Spiele zeigen will, dass er eine Lizenz beantragt. Unterschieden wird dabei zwischen kommerziellen Veranstaltungen, bei denen Eintritt verlangt wird oder Sponsoren auftreten, und nichtkommerziellen Übertragungen, etwa bei Vereinen. Das eine kostet zwischen 1000 und 14000 US-Dollar, das andere ist kostenlos. Beantragt wird die Lizenz über eine Internet-Seite in englischer Sprache. Doch bis heute fehlen noch viele Lizenzen, einige wurden, etwa in Berlin oder Karlsruhe, gleich komplett verweigert. Zuletzt hat die Fifa angegeben, in Deutschland 1571 Veranstaltern das Public Viewing genehmigt zu haben.

Juristen bezweifeln, dass die Lizenzvergabe überhaupt mit deutschem Recht vereinbar ist. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga schätzt, dass bis zu 100000 Gastronomen die Spiele zeigen wollen und damit eigentlich bei der Fifa vorstellig werden müssten. "Nach unserer Rechtsauffassung gibt es aber keine Lizensierungsnotwendigkeit bei nichtkommerziellen Übertragungen ohne Eintritt", sagt Daniel Ohl, Dehoga-Sprecher in Baden-Württemberg. Das betrifft besonders normale Gastwirte, für die ansonsten der bürokratische Aufwand groß wäre. Man habe an die Fifa geschrieben, aber keine Antwort bekommen. "Es ist nicht gut, dass dieses Thema vier Wochen vor WMBeginn noch nicht geklärt ist", sagt Ohl.

Auf Antwort wartet auch noch Sonja Renz. Sie betreibt den Biergarten im Schlossgarten und will dort das wohl größte Public Viewing in Stuttgart anbieten. 2000 Sitzplätze und drei Leinwände sind geplant. "Wir haben die Fifa-Lizenz beantragt, aber noch immer keine Rückmeldung bekommen", sagt sie. Man habe bereits dreimal nachgehakt, wisse noch nicht einmal, ob man Gebühren bezahlen müsse oder nicht. "Die Genehmigung vom Ordnungsamt gibt es für uns auch erst, wenn die Fifa-Lizenz vorliegt", klagt Renz.

Bei der Stadt hat man aus Kostengründen auf die Übertragung auf dem Schlossplatz verzichtet. "Das ist die große Chance für Wirte und Sportvereine", sagt Jörg Klopfer von der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart. Dort gab es zwar Anfragen von Agenturen, etwa für eine Übertragung in der Porsche-Arena, aber darunter war keine, die man weiterverfolgen wollte. Die Wirte jedoch müssen sich jetzt mit der Fifa herumschlagen - oder auf den Antrag verzichten und hoffen, damit durchzukommen. Denn ob und wie der mächtige Weltverband die Kneipen und Biergärten kontrollieren will, hat er bisher noch nicht mitgeteilt.