Unter anderem die Mathematikerin Carla Cederbaum versucht junge Menschen für Naturwissenschaften zu begeistern. Foto: Hendel/Wissenschaft im Dialog

Mint-Botschafter setzen sich für die Verbreitung von Naturwissenschaft und Technik ein.

Berlin/Stuttgart - Vorbilder können Mut machen, auch für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Diese Disziplinen werden unter dem Begriff Mint zusammengefasst, und sogenannte Mint-Botschafter sollen junge Menschen motivieren, sich damit zu beschäftigen.

„In Deutschland herrscht ein Mangel an Mint-Qualifikationen”, beklagt die Initiative „Mint Zukunft schaffen”. Der Verein wurde im Mai 2008 mit dem Ziel gegründet, in den folgenden sechs Jahren Mint-Aktivitäten und -Initiativen zu bündeln, zudem soll Schülern, insbesondere Mädchen, eine positive Einstellung zu diesen Fächern vermittelt werden. Dazu tragen unter anderem Mint-Botschafter bei.

„Die Botschafter sollen ihre Mint-Erfahrung aus Berufen, Berufsbildern von Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen, aber auch von Lehrern an Schüler und Eltern weitergeben”, sagt Dr. Ellen Walther-Klaus, Geschäftsführerin von „Mint Zukunft schaffen” mit Sitz in Berlin. Wer Botschafter werden will, kann sich bei der Initiative bewerben (www.mintzukunftschaffen.de), daraufhin prüft der Verein die Qualifikation. Zurzeit gibt es 4500 Mint-Botschafter, bis 2013 sollen es 10 000 sein. Diese Leute engagieren sich ehrenamtlich für die Verbreitung von Naturwissenschaften und Technik in Kindergärten, Schulen und Universitäten.

21 Botschafter hat der Verein mit dem Mint-Botschafterpreis 2010 ausgezeichnet. Darunter sind Armin Gittinger, Karl-Heinz Nägele und Carla Cederbaum. Was sie antreibt, steht in den folgenden Porträts.

Seite 2: Formel 1 in der Schule

„Irgendjemand muss es doch machen”, antwortet Armin Gittinger auf die Frage, warum er Mint-Botschafter geworden ist. „Es gibt viel zu wenige, die wirklich etwas tun.” Außerdem will Gittinger der Gesellschaft etwas zurückgeben. „Ich habe eine tolle Ausbildung genießen dürfen, dafür möchte ich mich durch mein Engagement in gewisser Weise bedanken.”

Gittinger hat Wirtschaftsingenieurwesen studiert und ist heute als Direktor im Finanzbereich für die Planung und Durchführung vertriebsunterstützender Maßnahmen bei Siemens PLM Software tätig. Die Abkürzung steht für Product Lifecycle Management Software, dazu gehört die Produktentwicklung am PC bis hin zum rechnergestützten Fertigungsprozess. Das sind Themen, in denen sich Gittinger auskennt und in denen er sein Wissen an junge Leute weitergeben will.

Das macht er über den internationalen Technologie-Wettbewerb Formel 1 in der Schule, bei dem Schüler im Alter von elf bis 19 Jahren einen Miniatur-Formel-1-Rennwagen im Maßstab 1:32 am Computer entwickeln, fertigen und anschließend ins Rennen schicken. Die Initiative gibt es in über 40 Ländern, Gittinger hat sie vor fünf Jahren in Deutschland gegründet. In Regionalwettkämpfen und einer Deutschen Meisterschaft treten die mit Gaspatronen angetriebenen Mini-Boliden auf einer 20 Meter langen Rennstrecke gegeneinander an. Das Siegerteam vertritt Deutschland bei der Formel-1-in-Schools-Weltmeisterschaft, die jährlich im Vorfeld eines Formel-1-Grand- Prix stattfindet. „Dieser zeitliche Bezug ist ganz wichtig, weil er der Motivation der Schüler dient.”

In diesem Jahr haben in Deutschland 110 Teams an den Ausscheidungskämpfen teilgenommen. Jedes Team besteht aus vier bis fünf Mitgliedern, „und wir haben einen Mädchenanteil von etwa 40 Prozent.” Solche Erfolge motivieren Gittinger weiterzumachen ( www.f1inschools.de).

Seite 3: Mathe ist nicht schwer

Karl-Heinz Nägele wurde Mint-Botschafter durch Zufall. Der 62-Jährige ist Lehrer für Mathematik, Physik und Informatik am Königin-Olga-Stift in Stuttgart. Die Schule ist eine von vieren in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, die Mitglied im Verein mathematisch-naturwissenschaftlicher Excellence-Center an Schulen sind. „Das sind Schulen, die sich in diesem Bereich besonders hervorheben.”

So wurde auch der Computer-Branchenverband Bitkom auf Nägele aufmerksam, der sich stark bei Mint EC engagiert. Der Verband fragte an und Nägele koordinierte erstmals eine Informationsveranstaltung der IT-Wirtschaft am Olga-Stift als schulübergreifende Veranstaltung für 120 Schüler aus den Stuttgarter EC-Schulen. Die Schüler erhielten zunächst einen Überblick über die IT-Branche, dann präsentierten sich Unternehmen wie IBM, Deutsche Telekom, Software AG und die Duale Hochschule Baden-Württemberg in kurzen Vorträgen, anschließend beantworteten sie Fragen zu Ausbildung und Studium. Die Veranstaltung dient der beruflichen Zukunftsplanung von Schülern und soll künftig an wechselnden Standorten der EC-Gymnasien stattfinden.

„Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unseren Bemühungen auf dem rechten Weg sind.” Am Olga-Stift hätten die Naturwissenschaften in der Wahl der Neigungsfächer einen großen Zulauf. Mathematik ist ohnehin Pflicht. „Viele Schüler denken vermeintlich, Mathematik und Physik seien schwerer als andere Fächer. Was nicht stimmt.” Diese Disziplinen würden allein andere Denkstrukturen voraussetzen. Als Lehrer arbeitet er daran, diese Strukturen auf- und Vorurteile gegenüber Technik und Naturwissenschaften abzubauen, „um das riesige Defizit an Nachwuchs zu lindern”. ( www.mint-ec.de)

Seite 4: Konsequent für Mathe und Physik

Carla Cederbaum hat Mathematik, Physik und Informatik studiert, anschließend am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik geforscht und sich auf ihre Dissertation in Mathematik vorbereitet. Vor kurzem hat sie ihre Doktorarbeit abgegeben und ist ab diesem Herbst an der Duke-University in North Carolina, USA tätig. Dort hat sie eine Assistenz-Professur übernommen. Cederbaum hat schon viel erreicht mit ihren jungen 30 Jahren und - als sei es ganz selbstverständlich - sich in vielfältiger Weise für Mint engagiert.

Und das gleich aus dreierlei Gründen: „Die Menschen brauchen ein realistisches Bild über Mathematik und Physik, weil diese in unserer Welt eine große Rolle spielen. Und weil sie es schließlich zahlen, sollen sie auch wissen, warum wir in diesen Disziplinen forschen.” Zudem findet es Carla Cederbaum spannend, mit Jugendlichen über Mathe und Physik zu sprechen. „Dadurch gewinnen beide die Sichtweise des anderen, was jeden weiterbringt”, sagt die Mathematikerin.

Cederbaum war Studentenvertreterin in der Fachschaft und der Studienkommission, hielt Tutorien und Grundlagenübungen in Mathematik für Studienanfänger und sie konzipierte und leitete einen Kurs auf einer deutschen Schüler-Akademie. Sie arbeitete mehrmals bei den Girls Days mit und initiierte ein Mentoring-Programm für Studentinnen an der Universität Freiburg für eine bessere Förderung von Frauen im Mint-Bereich. Ihr aktuelles Projekt ist die Entwicklung eines Kartenspiels, das in Kooperation mit der Deutschen Mathematiker-Vereinigung entsteht. Mint-Botschafterin bleibt sie auch in den USA. „Auch dort braucht man sie.” Das Spiel wird sie von Amerika aus fertigstellen.