Zur Schlosserei der Familie Görlacher zählte auch eine Halle in der Bärengasse.Foto: Bräun Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Von früheren Firmen, ihren Inhabern und Belegschaften / Teil 18 Familien­-Dynastie Görlacher

Einen Blick in die Aufbaujahre, die Boomjahre auch in Villingen, wirft der Schwarzwälder Bote in loser Folge in einer Firmenserie. Um die FamilienDynastie Görlacher geht es in der 18. Folge.

VS-Villingen. Mit den Aufbaujahren nach 1945 wurden einige der alten und auch neuen Firmen zu den stadtbekannten vor Ort und in der Region. Sie boten Arbeitsplätze, ihre Waren und ihre Dienste an oder änderten den Produktionsstandort. Es wechselten die Inhaber, man bewarb die Firma und ihre Produkte.

In einem hochwertigen Buch-Kollektiv stellten sich Firmeninhaber 1964/65 vor, benannten ihre Leistung und ihre Belegschaft – selbst finanziert, knapp und präzise. Villingens einstiger Oberbürgermeister Severin Kern benannte das Werk als "Kultur- und Wirtschaftschronik" der Boom-Jahre und als "Urkunde und Kunstwerk". Ein "Goldenes Buch", editiert vom Bühn-Verlag in München, mit historischem Blick auf 1000 Jahre Stadtgeschichte durch den Historiker Paul Revellio (1886 bis 1966), mit Porträts einzelner Inhaber, mit Villinger Motiven und mit ehemaligen Betriebsgebäuden, gezeichnet von Gyorgy Jancovics aus München.

Diese Folge dreht sich um die Familien-Dynastie Görlacher. Handwerk hat nicht nur goldenen Boden, oft verpflichtet das Erbe der Väter auch den Nachwuchs, Begonnenes fortzusetzen. Als erster Görlacher kam Michael, ein Bäcker, nach Villingen, der bei der Heirat mit Maria Granserin im Bürgerbuch von 1691 benannt wird, und der zu kriegerischen Zeiten des Orts-Kommandanten Heinrich Freiherr zu Wilstorf mit einem Heereszug hierher kam.

Aus Michaels zweiter Ehe mit Barbara Linklin entstammten zehn Kinder, von denen Sohn Friedrich die Lucia Feuerstein ehelichte, die ihm Joseph Antonius gebar, der schließlich Vater des Ignaz I. Görlacher wurde.

Ignaz, der 1813 unter Napoleon die Leiden des Russlandfeldzugs erfuhr, gründete 1817 als Mitglied der Villinger Bauleutezunft an der Ecke Bicken- und Gerberstraße seine Schlosserei, die ab 1848 von Sohn Fridolin betrieben wurde. Nach dessen Tod lag es für den Enkel Ignaz II. nahe, sich mit der ererbten Schlosserei und einem Ladenraum an der Oberen Straße auch dem Verkauf von Eisenwaren, Herden und Öfen und auch dem Handel mit Fahrrädern, den sogenannten Velozipeds zu widmen. Nachdem später auch die ersten Motorräder im Angebot standen, kam es ab 1910 auch zum Handel mit Kraftfahrzeugen.

Für die bestehende Schlosserei entstand später in der rückwärtigen Bärengasse eine knapp 1000 Quadratmeter große Halle, in der auch die Werkstatt für Autoreparaturen unterkam. Ignaz II. hatte es bereits 1894 geschafft, seinen Schwiegervater, den Metzgermeister Bär, von seinen Plänen zu überzeugen, die Gebäude von Alt-Rabenwirt Hall in der Oberen Straße und von Glaser Fürst in der Bärengasse baulich zu verbinden.

Nach dem Tod von Ignaz II. 1926 setzte sich der Handel mit Fahrzeugen durch Sohn Fridolin II. und dessen Schwager Karl Kissendorfer erfolgreich fort. Bereits 1936 kam es zur Werksvertretung für Görlacher mit der Daimler-Benz AG in Stuttgart. So stand kurz darauf auch erstmals ein Automobil im Schaufenster in der Oberen Straße, und die Passanten wunderten sich, wie dieses ohne Zufahrt oder Rampe da hinein gekommen war. Ignaz II. Görlacher war Zeit seines Lebens der Entwicklung der Villinger Feuerwehr eng verbunden, und er vertrat die Interessen sowohl im Bürgerausschuss wie auch während 20 Jahren im badischen Landtag.

Bis zu den Nachkriegsjahren 1964/65 unserer Serie im Schwarzwälder Boten entstanden für Görlacher ein Wohn- und Geschäftshaus am vorderen Bickeberg (1953), ein Wohn-und Bürogebäude an der Schelmengasse und für den Stahlbau im Ifängle.

Auf der familiär und gewerblich Erfolgspur ging es folglich auch für Ignaz III. (geboren 1934) in der fünften Generation weiter. In innovativer Fertigungstechnologie produziert Görlacher heute unter der Leitung von Heike Görlacher von der Blechtafel bis zum fertig montierten Gehäuse alles aus einer Hand: Feinblechbearbeitung, Laserschneiden, Stanzen, Nibbeln, Gewindeformen, Umformen, Biegen, Schweißen, Lackieren und Montieren von der Idee bis zum Endprodukt.