Zappenduster sieht es in den Augen vieler Unternehmer derzeit wirtschaftlich aus. Foto: © bluedesign – stock.adobe.com/Pixabay/Counselling

Auf den ersten Blick erscheinen die Umsätze der Industrie vergleichsweise gut – in den Prognosen für die nächsten Monate sind die Unternehmen der Schwarzwald AG aber so pessimistisch wie seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr.

Es sind harte Zeiten für Unternehmer.

Und glaubt man den Umfrageergebnissen, so wird sich die Schwächephase der Industrie verschärfen.

Klare Worte seitens des wvib

Wvib-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer sagt: „Deutschland steckt in der Rezession. Die Schwarzwald AG hat sich in den vergangenen Monaten in einem schwierigen Umfeld gut geschlagen, aber die Prognosen lassen Schlimmes befürchten.

Ein holpriger Streckenabschnitt steht uns bevor. Der strukturell geschwächte Organismus der Bundesrepublik wird von den akuten Krisen viel stärker getroffen. Die Kombination ist ein toxischer Krisencocktail. Hohe Energiekosten am Standort, Steuern, Fachkräftemangel und eine lähmende Bürokratie belasten die Unternehmen schon länger – dazu kommen gestiegene Zinsen, Inflation, eine schwächelnde Weltwirtschaft und eine zerstrittene Bundesregierung. Zum konjunkturellen Pech kommt auch noch strukturelles Unglück hinzu.“

Für das erste Halbjahr des laufenden Jahres meldeten die wvib-Mitgliedsunternehmen ein durchschnittliches – nominales – Umsatzwachstum von 13,1 Prozent (Erstes Halbjahr 2022: 13,7 Prozent). Dieser Wert ist allerdings – wie in den vergangenen wvib-Konjunkturumfragen – nicht inflationsbereinigt. Auch im Detail hat sich die Umsatzentwicklung verändert: So vermeldeten knapp 72,1 Prozent der befragten Unternehmen gestiegene Umsätze. Im ersten Halbjahr 2022 war dies bei 79,1 Prozent der Unternehmen der Fall. Gesunkene Umsätze meldeten in der aktuellen Umfrage 20,5 Prozent der Unternehmen. Im ersten Halbjahr 2022 waren es 19 Prozent.

Werte stürzen ab

Auch wenn die Umsatzentwicklung weiter positiv ist – die Erwartungen sind es nicht: 32,6 Prozent der befragten Unternehmen rechnen in den nächsten sechs Monaten mit sinkenden Umsätzen – dagegen erwarten nur 28,4 Prozent steigende Umsätze. Der Rest – 39 Prozent – erwartet keine Veränderung. Verrechnet man positive und negative Umsatzentwicklung, so erhält man den Wert zur Geschäftslage. Die Geschäftserwartung ist analog dazu der Saldo aus positiver und negativer Umsatzerwartung. Aus dem Mittel zwischen Geschäftslage und Geschäftserwartung bildet sich – wie von anderen Konjunkturumfragen bekannt – das wvib-Geschäftsklima. Und dieses Geschäftsklima sackt ab.

Aktuell liegt das wvib-Geschäftsklima bei 22 Punkten. Zum Ende des Jahres 2022 lag es bei 47,1 Punkten. Bemerkenswert: Lage und Erwartung gehen so weit auseinander wie schon lange nicht mehr. Zum Ende des ersten Halbjahrs 2023 lag die wvib-Geschäftslage bei 51,7 Punkten. Zum Gesamtjahr stand dieser Wert noch bei 63,4 Punkten.

Kaum positive Erwartung

Deutlich drastischer ist das Bild bei der Geschäftserwartung: Aktuell ist diese mit minus 4,2 Punkten erstmals seit dem ersten Halbjahr 2020 wieder negativ. In der Umfrage zum Gesamtjahr lag der Wert bei 31,8 Punkten.

Zwischen den einzelnen wvib-Branchenclustern gibt es deutliche Unterschiede: Maschinenbau (17,6 Prozent) sowie Mess- und Regeltechnik (15,8 Prozent) liegen mit ihren Umsätzen deutlich über dem Durchschnitt. Darunter liegen dagegen die Branchen Automotive (11,4 Prozent), Elektrotechnik (12,6 Prozent), Kunststoff (5,3 Prozent), Medizintechnik (12,1 Prozent) und Metallverarbeitung (8,2 Prozent). Am zuversichtlichsten blicken Medizintechnik und Mess- und Regeltechnik in die Zukunft: Jeweils 45,7 Prozent der befragten Unternehmen rechnen in den nächsten sechs Monaten mit steigenden Umsätzen. Im Maschinenbau ist man ebenfalls positiv: 32,9 Prozent gehen von steigenden Umsätzen aus. Andere Branchen sind deutlich pessimistischer. Allen voran die Autozulieferer.

Autozulieferer am pessimistischsten

Nur noch 14 Prozent der befragten Unternehmen aus der Zulieferer-Branche rechnen weiter mit steigenden Umsätzen. Nur geringfügig besser sind die Aussichten in der Metallverarbeitungs-Branche (17,7 Prozent) und unter den Kunststoffunternehmen (20,7 Prozent). Etwas besser steht die Elektrotechnik mit 24,3 Prozent da. Entsprechend weit auseinander geht das Geschäftsklima in den einzelnen Clustern. Im Automotive-Cluster liegt es derzeit bei minus 0,5 Punkten. Zum Gesamtjahr betrug der Wert noch 49,4 Punkte. Generell gilt: Die Kunststoff-Branche beurteilt die Geschäftserwartung (minus 17,2) nicht ganz so absolut pessimistisch wie die energieintensiven Metallunternehmen (minus 32,9 Punkte). Die maue Geschäftserwartung ist keine dauerverzerrte Wahrnehmung chronisch pessimistischer Kaufleute. Die Stimmung hat Gründe: Die Auftragseingänge sind in den vergangenen sechs Monaten deutlich zurückgegangen.

Wo zum Gesamtjahr 2022 noch ein Plus von 6,4 Prozent stand, ergab die Konjunkturumfrage in den ersten sechs Monaten beispielsweise ein Minus von 2,2 Prozent. Bei 46,5 Prozent der Befragten verschlechterte sich der Auftragseingang, während nur 38,4 Prozent einen verbesserten Auftragseingang vermeldeten. Und auch der Blick in die Zukunft der Auftragseingänge ist pessimistisch: Nur noch 23 Prozent rechnen in den nächsten sechs Monaten mit steigenden, 37,5 Prozent mit sinkenden Umsätzen.

Investitionsquote kaum verändert

Die Investitionsquote der Unternehmen hat sich übrigens trotzdem kaum verändert: In den ersten sechs Monaten lag sie bei rund sechs Prozent – im ersten Halbjahr 2022 bei 4,9 Prozent.

Das erwarten die Unternehmer nun

Unzufriedenheit mit der Politik
Aus der Industrie geht ein blauer Brief an die Bundesregierung: Die Antwort auf die CEO-Zusatzfrage „Welche Schulnote würden Sie der Bundesregierung geben?“ ist Beleg für die große Unzufriedenheit der Entscheider mit der Standortpolitik der Bundesregierung. Durchschnittsnote: 4,66. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch das sogenannte Elite-Panel der Meinungsforscher aus Allensbach. Besonders großen Nachholbedarf gibt es nach Meinung der Unternehmensführer bei den Themen Energiepolitik und Bürokratie. Aber auch bei Digitalisierung und Bildung stellen die befragten Unternehmer große Defizite fest.