Polnische Freude mit norwegischem Farbtuper (von links): Halvor Egner Granerud (2.), Kamil Stoch (Sieger) und Piotr Zyla (3.) bei der Siegerehrung am SamstagFoto: Ivancic Foto: Schwarzwälder Bote

Skispringen: "Fast so wie zu Hause"

(pf). Titisee-Neustadt ist ein gutes Pflaster für polnische Skispringer. Schon bei der ersten Weltcup-Veranstaltung auf der größten Naturschanze Deutschlands gewann mit Legende Adam Malysz ein Mann aus dem östlichen Nachbarland. Bis ins Jahr 2007 folgten für den heutigen Sportdirektor des polnischen Skisprungteams noch zwei weitere Siege in Titisee-Neustadt, dreimal stand er zudem auf dem Podest.

Nahtlos übernahm Vierschanzentournee-Sieger Kamil Stoch 2013 das Siegen, im vergangenen Jahr triumphierte David Kubacki zweimal. Stoch hat am Samstag mit seinem Idol Malysz nach Weltcupsiegen gleichgezogen (39) und macht sich auf, neue Rekordmarken zu setzen. Vor ihm liegen in der ewigen Bestenliste nur noch Gregor Schlierenzauer (53) und Matti Nykänen (46). "Ich bin eben in guter Form", erklärt Stoch bescheiden, "obwohl ich vom Mentalen her schon ein bisschen müde bin. Aber der ganze Körper macht seinen Job quasi automatisch."

Im Prinzip ist Titisee-Neustadt in diesem Jahr fast so etwas wie die fünfte und sechste Station der Vierschanzentournee. Nur einen Tag hatten die Teams Zeit, um von Bischofshofen nach Neustadt zu reisen – die Entfernung beträgt gut 500 Kilometer. Entsprechend geschlaucht präsentieren sich die Springer. Nur die Polen – und am Sonntag die Norweger – fliegen wie Roboter nach vorn. Am Samstag lagen nach der ersten Runde Dawid Kubacki, Kamil Stoch, Piotr Zyla und Andrzej Stekala auf den Plätzen 1, 2, 4 und 5 – sensationell. "In Neustadt ist es immer fast wie zu Hause", erklärt Kubacki, "die Schanze ist ähnlich geschnitten, und normalerweise sind hier auch viele, viele polnische Fans."

Die haben in der Tat gefehlt im Schmiedsbachtal, auch für den Veranstalter war das eine bittere Pille, die es zu schlucken galt. "Der gesundheitliche Schutz steht an erster Stelle", kommentierte das OK-Generalsekretär Joachim Häfker mit einem Achselzucken, "so setzen wir die strengen Vorgaben natürlich um."

Alle waren froh, dass überhaupt gesprungen werden konnte, und so konnte auch Kubacki trotz eines nicht ganz gelungenen zweiten Durchgangs und dem Sturz auf Platz 4 seine Ankündigung wahrmachen: "Ich glaube, ich werde wieder grinsen nach dem Wettkampf." Einziger Wermutstropfen: Die Technik verweigerte das Abspielen der polnischen Nationalhymne. "Es war nie unsere Absicht, das polnische Team oder die polnische Nation zu verhöhnen beziehungsweise zu verletzen", erklärte das Organisationskommitee. "Wir bedauern, dass wir Kamils Sieg nicht mit der Nationalhymne ehren konnten." Mit der norwegischen Hymne am Sonntag klappte es dann problemlos.